Aufruhr in Posen. 543
Januar des nächsten Jahres aber wurden in Posen einige Rädelsführer
der großen Pariser Verschwörung verhaftet, und seit sie die Wachsamkeit
der Behörden erkannten, verlangten die anderen Eingeweihten stürmisch
den sofortigen Beginn des Kampfes. Um die Ungeduldigen zu beschwich—
tigen, eilte Mieroslawski selbst im März 1845 aus Paris herbei; er sah
jedoch bald, daß er die Leidenschaft nicht mehr bändigen konnte, und als er
im Dezember nach Posen zurückkehrte, da beschloß er, nach einer geheimen
Beratung in Krakau, das tolle, so lange geplante Unternehmen alsbald ins
Werk zu setzen. Da das Königreich Polen unter den eisernen Griffen
seines Statthalters Paskiewitsch wie erwürgt da lag, so sollte diesmal der
Aufstand in Posen und Galizien beginnen, dann aber gleich der Lawine
wachsend über das Königreich, über Litauen und Kleinrußland, bis zur
Düna und zum Dniepr sich ausbreiten — denn wo war eine Schranke
für Mieroslawskis Einbildungskraft?
In Krakau wurden die Rollen verteilt, die Befehlshaber für jede
der aufständischen Landschaften ernannt; um Mitte Februar 1846 wollte
man überall gleichzeitig losschlagen. Sogar Czartoryskis aristokratische
Partei wagte jetzt dem Sturme der nationalen Begeisterung nicht mehr
zu widerstehen. Auf ihre Bitte erklärte König Adam, er wolle nur das
Haupt der Emigration sein und überlasse der Nation, über ihre künftige
Verfassung selbst zu entscheiden. Mehr als schöne Worte wußte der müde,
ganz in Entsagung versunkene alte Fürst seinem Volke freilich nicht zu
bieten.
Indessen war Oberpräsident Beurmann durch einige neue Verhaf-
tungen den Umtrieben auf die Spur gekommen. Als die Posener Ver-
schworenen am 14. Febr. sich in ihren Bazar begaben, um bei einem
großen Mittagsmahle die letzten Verabredungen zu treffen, da erfuhren
sie schon, daß alles entdeckt war. Der entschlossene Kommandant General
Steinäcker hatte soeben die Festung schließen, einige verdächtige Unter-
offiziere verhaften lassen; inzwischen wurde Mieroslawski selbst in einem
Städtchen der Provinz aufgegriffen und gefesselt nach Posen abgeführt.
In der folgenden Woche zog ein Haufe Bauern, den ein Karmeliter-
mönch zum Glaubenskriege aufgestachelt hatte, bei Nacht gegen Preußisch-
Stargard; sobald die Leute jedoch merkten, daß sie wider die Obrigkeit
kämpfen sollten, liefen sie auseinander. Als am 3. März aufregende
Nachrichten aus Krakau eingelaufen waren, flammte das Kriegsfeuer
noch einmal empor. Der junge Hitzkopf Dr. v. Niegolewski und ein Ober-
förster des Grafen Dzialynski unternahmen einen nächtlichen Handstreich
gegen die Posener Zitadelle, das Fort Winiary, aber schon an der Brücke
der Wallischei wurde die Bande angehalten und großenteils gefangen.
Das war das lächerliche Ende einer weitverzweigten Verschwörung, wo-
bei die Demagogen in Paris, London, Brüssel, Leipzig mitgewirkt und
die Gesandtschaften der Westmächte schmähliche Botendienste geleistet