646 V. 8. Der Vereinigte Landtag.
alter, das Amt, das in seinen Händen nur ein Ehrenamt sein konnte und
sollte.
So regierte der König in seiner Unumschränktheit weiter, und ganz
unmöglich war es, ihn in dem Gange zu stören, den er sich für seine
ständische Gesetzgebung vorgezeichnet hatte. Seine Umgebungen unter-
standen sich kaum noch zu widersprechen. Höchstens der freimütige Gene-
ral v. Forsiner wagte zuweilen, den angebeteten Monarchen über „seine
Polen“ oder ähnliche Phantasiebilder aufzuklären*); und wenn der libe-
rale Leibarzt, der große Kliniker Schönlein sich mit seiner durch den langen
Schweizer Aufenthalt noch gestärkten fränkischen Derbheit einmal ein bur-
schikoses Kraftwort erlaubte, dann lachte Friedrich Wilhelm gemütlich; er
kannte das süddeutsche Sprichwort: die Bamberger rauchen keinen feinen!
Der ostpreußische Graf Dohna-Lauck, wahrhaftig kein Liberaler, bat ihn im
Nov. 1847 flehentlich, die periodische Einberufung des Landtags alsbald
auszusprechen, noch bevor eine der vielen ständischen Körperschaften wieder
zusammenträte, und zugleich ein einfaches Zweikammersystem einzuführen,
so daß die Herrenkurie aus ihrer unerträglichen Mittelstellung heraus-
käme. Dann würde die ständische Gesetzgebung endlich ihren Abschluß
erhalten.“) Es waren dieselben einfachen Gedanken, welche Graf Arnim
als Minister so oft verteidigt hatte. Die geheimnisvollen Pläne des Königs
standen aber schon fest: zunächst sollten die Stände alles, was er an-
befohlen, buchstäblich ausführen, dann erst wollte er den gehorsamen Kin-
dern das letzte Geschenk seiner väterlichen Huld, die periodische Berufung
des Landtags ankündigen.
So geschah es auch. Die ständische Staatsschuldenkommission be-
gann befohlenermaßen ihre Tätigkeit, und im Januar 1848 traten die
Vereinigten Ausschüsse zur Beratung des Strafgesetzbuchs zusammen.
Beckerath erklärte noch im letzten Augenblicke, daß er wegen seiner Rechts-
bedenken fern bleiben müsse. Ludolf Camphausen aber erschien, versöhn-
licher als die Mehrzahl seiner rheinischen Landsleute; und es machte tiefen
Eindruck, als dieser königstreue, durch und durch preußtsch gesinnte Pa-
triot den Verlauf der letzten Kämpfe in bewegter Rede, nicht unpar-
teiisch, aber auch nicht ungerecht, also schilderte: „Als die Stände bis auf
die äußerste Grenze vorrückten und, weit hinübergebogen, die Hand zur
Ausgleichung darboten, ist diese Hand im Zorne zurückgestoßen worden.
Ein Wort hätte hingereicht, den Verfassungsstreit in Preußen auf immer
zu beendigen. Es ist nicht gesprochen worden. Die Folgen müssen ge-
tragen werden. Die Geschichte aber wird richten zwischen uns und der
Regierung!“ Im ganzen zeigte der Vereinigte Ausschuß große Mäßigung,
er hielt sich streng an seine nächste Aufgabe. Der Entwurf des Straf-
*7) Forstner an Oberstleutnant v. d. Goltz, 15. April 1846.
*“) Graf Dohna-Lauck an Bodelschwingh, 28. Juli; dessen Denkschrift über „die
gegenwärtige Lage der ständischen Verfassungsverhältnisse“, Nov. 1847.