Full text: Die Geschichte Württembergs.

P. 17. Fortsetzung. Rückblick. Landplagen. Der große Judenmord. 43 
8. 17. 
Fortsetzung. Rückblick. Kandplagen. Der große Judenmord. 
„Schicket euch in die Zeit, denn es ist böse Zeit.“ 
Ephes. 5, 16. 
„Der Inde wird verbrannt.““ 
Aus vem Mittelalter. 
Politische Unordnung und Zuchtlosigkeit der Kirche waren aber nicht die 
einzigen Lasten, unter welchen die Völker, und namentlich Deutschland im 13. und 
14. Jahrhundert seufzten. Furchtbare Erscheinungen am Himmel schreckten die 
Menschen auf. So war im Jahr 1337 ein großer Komet erschienen, auf den in 
den drei folgenden Jahren Heuschreckenschwärme kamen, die alles Grüne 
auffraßen, weßhalb eine gräßliche Hunger Snoth ausbrach. Auf sle folgte 1348 
ein furchtbares Erdbeben, das sich 1356 wiederholte. Es verwüstete Cypern, 
Griechenland, Italien und die Alpenthäler bis Basel. In Kärnthen wurden die 
Stadt Villach und 30 Ortschaften zerstört. 1350 kam eine Pest, der schwarze 
Tod, aus China über ganz Asien zu uns. Die Menschen waren plötzlich mit 
schwarzen Blattern überzogen und gewöhnlich auf der Stelle todt. In vielen 
Städten starb die Hälfte oder ein Drittel der Einwohner, z. B. in Straßburg 
16000, in Basel 14000. 
Allgemeine Furcht lastete auf den Gemüthern, die sich endlich in wüthen- 
dem Haß und zügelloser Verfolgung gegen die Juden Luft machte. Die Ju- 
den waren längst in den Städten wohnhaft gewesen, wurden jedoch nur ge- 
duldet und mußten dafür dem Kaiser Steuern zahlen. Sie hießen daher des h. 
römischen Reiches Kammerknechte. Meist lebten ste unter hartem Druck in eine 
enge Straße eingesperrt (Judengasse), weil sie keinen Grund und Boden kaufen, 
noch an einer Zunft theilnehmen durften. Ihr Hauptgeschäft war der Handel 
(sie sollen sogar Menschenhandel getrieben haben), Leihen auf Pfänder und Wu- 
cher, denn sie allein durften Zinse erheben, während dies den Christen durch 
Kirchengesetze verboten war. Diesen Wucher trieben die Juden endlich auf die 
himmelschreiendste Weise 1). Den kriegslustigen Fürsten hatten sie gegen unge- 
heure Zinse und Verpfändungen Geld geliehen, und dies alles sollte nachgehends 
vom Volke bezahlt werden. Kaiser Ludwig hatte sogar im Jahr 1342 den Juden 
verbieten müssen, in Zukunft mehr als 50 Prozent Zinsen zu fordern. Anderer- 
seits kann dieser betrügerische Wucher der Juden auch in etwas entschuldigt werden. 
Ohne Heimat und Bürgerrecht, verachtet und verhöhnt irrten sie umher und 
konnten sich die Gunst eines Fürsten nur durch Geld erwerben. Verloren sie die- 
selbe oder wollte etwa der Kaiser einem kleinen Fürsten einen Gefallen erweisen, 
so wurde dieser aller seiner Judenschulden entbunden und der Jude konnte gehen. 
Weil er also nirgends Recht und Gerechtigkeit fand, so suchte er seine Stütze in 
großem Geldbesitz. — Als die Heuschreckenschwärme ihren verheerenden Zug 
durch viele Länder machten, erklärte man diese Plage für elne göttliche Strafe, 
well die Juden mit geweihten Hostien Mißbrauch getrieben haben sollten 2). 
1) So erzählt eine Chronik, daß sich ums Jahr 1280 die Jnden auch in Calw 
eingefunden „deren die Stadt wohl empfunden, die aber sonderlich das Kloster Hirschau 
mit ihrem Wucher übel zugerichtet und ausgemergelt haben.“ 
2) Man fand blutige Hostien auf, die jedoch ihre rothe Farbe von einem Schimmel 
oder Pilz erhalten hatten. „Ein Geistlicher bekannte in der Beichte, eine solche blutige, 
eigentlich schimmelige Hostie mit Absicht vor das Haus eines Inden gelegt zu haben, 
um Judenmord und Plünderung zu veranlassen.“
	        
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