Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

Außerlich wird der Anschein einer großen Staateaktion er- 
weckt. Auf dem roten Teppich der Regierungsestrade wimmelt 
es von Kommissaren, der ganze Heerbann ist aufgebaoten. 
Draußen große Auffahrt der Regierungsautos, da die Talmi- 
potentaten von heute die paar Minuten vom Schloß zum 
Landestheater scheuen. Und die sogenannten Programmreden 
verbreitet der offiziöse Telegraph im Wortlaut, und im Wort- 
laut bekommt sie schon frühmorgens jeder Pressevertreter, 
damit nur ja recht viel Raum in den Zeitungen dafür belegt 
werden kann. Oie Reden sind in einer Fraktionesitzung der 
Sozialdemokraten durchgesprochen und von der Fraktion ge- 
nehmigt worden. Dann haben die Zentrumemitglieder der 
Regierung ihr Amen dazu gesagt. Ee sind also reine Partei- 
reden, nichts weiter. Nun aber soll der Erdball aufborchen. 
Es ist möglich, daß an der Pariser Börse, wo man ebensogut 
Deutsch versteht wie in der Burgstraße zu Berlin, einiges 
aus diesen Reden ales guter Witz kolportiert werden wird. 
Auch mag Reuter vielleicht beiläufig ein paar der de- 
mütigsten Stellen zitieren. Die Wirkung aber ist gleich Aull. 
Oie Zeiten, wo man im Auslande die Hand an die Ohren 
legte, wenn eine kaiserlich deutsche Regierung sprach, sind 
dabin. « 
Der jetzt auf dem Stuhle Bismarcks sitzt, der ehemalige 
Bureauvorsteher Bauer, macht einen sehr biederen und 
sympathischen Eindruck. Man freut sich seiner behaglichen 
ostpreußischen Mundart. Man dentkt an die köstliche Ge- 
schichte vom Klempnermeister Kaddereit aus Insterburg, der 
einen Handwerkerverein begründen wollte, wenn Bauer von 
„Politihkern“ spricht, die „Angtankte“ in „BVersalch“ erwähnt 
und dies oder jenes „bejrießt“. Man könnte stundenlang so 
zuhören, nur wird die Rechte stellenweise störend heiter. 
Oaß Bauer ihr mit stärkster roter Phraseologie zuleibe rückt, 
rührt sie nicht im geringsten, denn er verdirbt die Kraftstellen 
239.
	        
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