Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

fühlen auch weder deutsch noch preußisch. Sie sind überall, 
wie Mommsen es sagte, „das Ferment der Dekomposition“, 
können nur zersetzen, nicht schöpferisch etwas aufbauen. Nun 
sind sie dabei, das zerschlagene Preußen auch noch seiner Staat- 
lichkeit zu entkleidem. Das alte Königreich wird zu einer Pro- 
vinz, die von roten und rötlichen Quacksalbern verwaltet 
wird: auch die bewährte Beamtenschaft des alten Regimes 
muß ja über die Klinge springen, um beutehungrigen Partei- 
tigern Platz zu machen; und über kurz oder lang wird man 
nur noch auf achttägige Kündigung dem Lande dienen dürfen. 
Schon einmal stand Preußen vor der Gefahr, seine Stärke 
zu verlieren und von der demokratischen Phrase ruiniert zu 
werden, aber damals erstand ihm noch ein Retter, Otto v. Bis- 
marck. Am 2. Ipril 1848 hatte ihn das Grauen gepackt, als 
er die Verwüstung sah. Er erhob sich im Vereinigten Landtage 
und sagte: „Die Vergangenheit ist begraben, und ich bedauere 
es schmerzlicher als viele von Ihnen, daß keine mencchliche 
Macht imstande ist, sie wieder zu erwecken, nachdem die Krone 
selbst die Erde auf ihren Sarg geworfen hat ...“ Dann 
sprach er noch einige wenige Sätze, mußte aber plötzlich ab- 
brechen, weil er nicht mehr konnte, — weil ein Weinkrampf 
den Riesen zwang, die Tribüne zu verlassen. Manch einem 
von uns brennen beute wieder die Augen, wenn wir sehen, wie 
Preußen zu einer unbeträchtlichen Dépendence von Weimar 
gemacht wird. Wir schämen uns, Nachfahren zu sein. 
Nutzoses Gerede 
Berlin, 17. März 
Man tut mechanisch sein Tagwerk. Man arbeitet und schläft, 
man ißt und trinkt, man plaudert und man lacht wohl auch. 
Aber das Lachen erstarrt bieweilen plötzlich, und ein Frösteln 
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