Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

— 1110 — 
zu eigen nähmen, die Fische im Wasser, die Vögel in der Lust, das 
Gewächs auf der Erde. „Die Herren“, so rief er am Schluß 
seiner Rede, „machen das selber, daß ihnen der arme Mann feind 
wird. Die Ursache des Aufruhrs wollen sie nicht weg thun, wie 
kann es in die Länge gut werden? Ach, liebe Herrn, wie hübsch 
wird der Herr über die alten Töpfe schmeißen mit einer eisernen 
Stange! So ich das sage, werde ich aufrührerisch sein. Wohl hin!“ 
— Die nächste Folge dieser herrlichen Predigt, bei der man nicht 
weiß, ob man die Langmut der beiden Fürsten oder die Naivetät dez 
Predigers mehr bewundern soll, war, daß dem eilenburger Drucker 
das Geschäft gelegt wurde, was Münzer natürlich für eine Sünde 
wider den heiligen Geist ansah, wie er den Fürsten unter dem 13. Juli 
1524 zur Mitteilung brachte. Er verlegte seine Druckerei nach 
Mühlhausen, das so wie so schon in dieser Bewegung eine Rolle zu 
spielen begonnen hatte, und meinte in einer von da ausgegangenen 
Schrift: „Lieben Gesellen, lasset uns das Loch weit machen, auf 
daß alle Welt sehen und greifen möge, wer unsere großen Haufsen 
sind, die Gott also lästerlich zum gemalten Männlein gemacht haben." 
„Die ganze Welt“, sagt er am Ende, „muß einen großen Stoß aus- 
halten; es wird ein solch Spiel angehen, daß die Gottlosen vom 
Stuhl gestürzet, die Niedrigen aber erhöhet werden.“ 
Wie hätte Luther in dieser Sache stille schweigen können! Mußte 
nicht jeder unparteiisch außerhalb des Streites der alten und neuen Lehre 
Stehende sich sagen: „Die neue Lehre zeitigt nur Aufruhr und Umsturz 
aller Verhältnisse?.? Und nun erst die Gegner wie Herzog Georz! 
Zudem sah sich Luther persönlich von Münzer angegriffen. Der Halt 
und Stillstand, der nach den stürmischen Anfängen von 1517—1521 für 
jeden Vernünftigen geboten schien, damit man nun auf dem Trümmer= 
felde des zerstörten Alten an ein Aufbauen gehen könne, erschien einem 
Manne wie Münzer wie ein Verrat an der guten Sache. Er waf 
Luthern vor, daß er die den Klauen des Papstes entrissene Kirche 
den Fürsten in die Hände spielen und selbst der neue Papst zu Witteu- 
berg sein wolle. Über arme Mönche, über Pfaffen und über Kaufleute 
wisse Luther wohl zu schelten, twährend niemand die gottlosen Regenten 
strafe, obwohl sie Christum mit Füßen träten. Daß dies eine Un- 
wahrheit war, mußte Münzer wissen, denn die oben angezogene Scheit
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.