Full text: Das Interregnum.

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gerungen zu ziehen, auf nichtstaatliche Thatbestände, z. B. die Verhält- 
nisse einer Stadtgemeinde zwischen dem Amtsverluste des einen und 
dem Amtsantritte des anderen Bürgermeisters, anwendet. Aber sehr 
zu Unrecht geschah es, und zu zahlreichen Irrthümern musste .es 
führen, dass man das Interregnum als Rechtsbegriff ohne Rücksicht 
auf seinen in der Wahlmonarchie ruhenden Ursprung auf Thatbestände 
übertrug, die mit der Wurzel des Begriffs gar nichts zu thun hatten, 
und ihm so eine Ausdehnung gab, die sich durch keinen inneren 
Grund rechtfertigen liess. Wie weit das gehen konnte, sieht man 
z. B. aus den Auseinandersetzungen SCHEIDEMANTELS.!) Dieser nimmt 
ein Interregnum im Staate dann an, wenn ein Subjekt, das nach 
der Staatsverfassung ordentlicher Weise das Regierungsrecht nicht 
hat, dennoch die höchste Gewalt rechtmälsig und go lange ausübt, 
bis das ordnungsmässige und in der Regierungsform bestimmte maje- 
stätische Subjekt die thätige Regierung ausübt oder fortsetzt. Das 
soll nun im Wahlreiche, aber auch in allen anderen „einfachen oder 
zusammengesetzten Regierungsformen® möglich sein; der römische 
Diktator und der Interrex waren nichts anderes als Regenten eines 
Zwischenreichs. Das Interregnum aber entsteht dann, „wenn das 
durch die Regierungsform bestimmte Oberhaupt nicht vorhanden oder 
durch wichtige Revolutionen unthätig ist. Insbesondere aber kann 
das Zwischenreich in der Monarchie auf dreierlei Art entspringen: 
1. Wenn der Thron völlig erledigt ist; 2. wenn ein rechtmässiger 
Thronfolger verhindert wird, die Regierung anzutreten; 3. der Be- 
sitzer des Thrones kann oder will aus wichtigen Gründen die Re- 
gierung auf einige Zeit nicht selbst verwalten.“ Im Anschlusse an 
SCHEIDEMANTEL sieht VOGEL?) ein Interregnum im allgemeinsten 
Sinne bei jeder Regierungsform da, wo die physische oder moralische 
Person, welcher die höchste Gewalt im Staate gesetzlich übertragen 
ist, die Regierung nicht fortführen kann oder will, so dass an ihre 
Stelle einstweilen eine andere, ausserordentliche Reichsverwaltung 
tritt. Und ZACHARIAE) fasst unter dem Begriffe des Interregnums im 
weiteren Sinne sowohl die Zeit der Regentschaft für den unfähigen 
oder abwesenden Monarchen, als des Reichsvikariats im Wahlreiche 
uud endlich der Usurpation der Staatsgewalt durch einen illegitimen 
Herrscher bis zur Restauration der legitimen Dynastie zusammen. Es 
leuchtet ein, wie bedenklich es ist, in solcher Weise die heterogensten 
  
1) Repertorium des Teutschen Staats- und Lehnrechts II. (1783) S. 528 f. 
2) In Ersch und GRuBErR’s Encyklopädie s. v. Interregnum. 
3) Deutsches Staats- und Bundesrecht, I. (3. Aufl. 1865) $ 78. 
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