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kleinen Kreis von Zwischenreichen ist das in früheren Abschnitten
dieser Arbeit nachzuweisen versucht worden; das Resultat würde
nicht anders ausfallen, wollte man die Probe auf andere Fälle der-
selben Art ausdehnen. Nirgends findet sich ein Anhalt dafür, dass
im Interregnum eine Rechtsnachfolge der Vikare oder der sonstigen
provisorischen Regierung in die Gewalt des abgeschiedenen Monar-
chen stattgefunden hätte.
Eine Anschauung wie die hier bekämpfte verliert aber ferner
jeden Boden, wenn man sie auf ihre Uebereinstimmung mit dem oben
entwickelten Begriffe des Trägers der Staatsgewalt prüft.
Wie der Staat eine „stetige“, ihrem Gedanken nach für die
Ewigkeit bestimmte Institution mit einer für ewig bestehenden Ge-
walt — denn die Staatsgewalt dauert, ihr Subjekt wechselt —, wie
der Staat ferner prinzipiell eine unabhängige Persönlichkeit ist,
so ist auch, wie wir sahen, das Subjekt, das seine Gewalt zu eige-
nem Rechte inne hat, grundsätzlich immerwährend und unabhängig
von anderen Einflüssen, als denen, die auf seinem eigenen Willen be-
ruhen, und dem, der jeden menschlichen Willen überwältigt, dem
Tode, insbesondere aber in seiner Stellung unabhängig von dem
Willen der Gewaltunterworfenen. Wenn eine Person, die an der
Spitze der Staatsleitung steht, diesen ausgezeichneten Platz nur pro-
visorisch, nur für eine gewisse Zeit, nur bis auf Widerruf eines
anderen und zwar ihm unterthanen Subjekts behaupten darf, so ist
es ein innerer Widerspruch, diese Person als Träger der Gewalt des
Staates zu bezeichnen. Das Interregnum gewährt aber nicht mehr
als eine solche zeitlich beschränkte Gewalt; es trägt ja begrifflich
den Charakter einer vorübergehenden, ungewöhnlichen staatlichen
Krisis an sich, eines Zustandes, der eine längere Dauer prinzipiell
und erfahrungsgemäss nicht verträgt. Es sind deshalb die vornehm-
sten Bestrebungen aller Glieder des Staates, auch der provisorischen
Regierung, ja dieser verfassungsmässig ganz besonders, gerade auf
die Beendigung des Zwischenreichs gerichtet: will man glauben,
dass so die Reiehsverwesung ihrem eigenen Recht auf die Staatsge-
walt ein Grab bereite, bereiten müsse? Vor Allem aber wird das
Ende des Interregnums schliesslich durch einen Akt herbeigeführt,
der‘von dem Willen der provisorischen Regierung durchaus unab-
hängig ist; in dem Augenblick, in dem das Volk sich einen neuen
Fürsten gewählt, die schwangere Königin-Wittwe einen Monarchen
geboren, der Staat sich in eine Republik verwandelt hat, ist das
Interregnum zu Ende. Eine Person, die nicht allein lediglich für
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