Full text: Das Interregnum.

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am wenigsten zu befürchten steht, dass die unter der Herrschaft des 
weggefallenen Fürsten eingeschlagene Bahn zum Schaden des Staats- 
wesens verlassen wird. Was insbesondere die deutschen Staaten 
anlangt, so stimmt die vorgeschlagene Lösung der Frage am ehesten 
mit den Grundsätzen überein, die über die Betheiligung des Staatsmini- 
steriums bei der Regelung einer ähnlich wichtigen Frage der obersten 
Staatsleitung, nämlich der Einsetzung der Regentschaft bei der Un- 
möglichkeit der Ausübung der Staatsgewalt durch den Monarchen 
in eigener Person, den geltenden Verfassungen zu eigen ist. Denn 
wenn eine Reihe deutscher Grundgesetze den Landtagen eine 
wesentliche Mitwirkung bei der Entscheidung über den Eintritt 
einer Regentschaft einräumt'!), so hat diese Entscheidung überall 
lediglich über die Nothwendigkeit einer Regentschaft, nur ganz 
ausnahmsweise aber über die Person des Regenten zu erfolgen. 
Dagegen ist mehrfach das Staatsministerium selbst als das in be- 
stimmten Fällen zur Regentschaft berufene Staatsorgan bezeichnet.?) 
Sollte in einem Staate über den Eintritt eines Interregnums selbst 
ein Zweifel bestehen, so würden die bestehenden Vorschriften über 
die Entschliessung der Landstände hinsichtlich der Nothwendigkeit 
einer Regentschaft3) hier hinsichtlich der Nothwendigkeit einer 
provisorischen Regierung analog Platz zu greifen haben. 
Sollte aber endlich auch das Staatsministerium die Führung der 
Staatsgeschäfte nicht übernehmen können oder wollen, und ebenso 
sollte beim Interregnum infolge der Schwangerschaft der Monarchen- 
wittwe kein regierungsfähiger Agnat vorhanden sein oder alle vor- 
handenen die Uebernahme der provisorischen Regierung ablehnen 
und die Wittwe nicht selbst regentschaftsfähig sein, so würde aller- 
dings das Volk, und falls dies durch eine sogenannte Volksver- 
tretung repräsentirt wird, diese letztere zur Anordnung der die pro- 
visorische Regierung bestimmenden Massregeln berufen sein, wie es — 
was wir noch sehen werden — auch eventuell zur Erledigung der 
Thronfrage „berechtigt‘ ist. 
III. Die rechtliche Stellung der provisorischen Regierung, diese 
1) S. die Verfassungsurkunden von Preussen a. 56. 57; Bayern tit. II. $ 11; 
Sachsen a. 11; Württemberg $ 13; Oldenburg a. 23, 24; Braunschweig $ 19 und 
das braunschweiger Gesetz, die provisorische Ordnung der Regierungsverhältnisse 
bei einer Thronerledigung betr., v. 16. Febr. 1879: $6; Coburg $$ 15 und 16; Waldeck 
822; Reuss ä. L. 8 9. 
2) Preussen a. 57; Oldenburg a. 197, $ 3; Coburg-Gotha $ 159; vgl. das cit. 
braunschweiger Gesetz vom 16. Febr. 1379: $8 2 und 4. 
3) S. oben Note 1. 
 
	        
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