Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

gut über die kirchlichen und politischen Strömungen in Rom unter- 
richtet worden. Als ich nach meinem Regierungsantritt den ersten 
Besuch in der Ewigen Stadt machte, hat er mir wertvolle Infor- 
mationen gegeben, die des klugen Schlözers Instruktionen vortreff- 
lich ergänzten. 
Unter den tüchtigen und einsichtsvollen Katholiken, mit denen ich 
mich aussprechen konnte, nenne ich weiter noch Kardinal Schönborn, 
den Fürstbischof von Brag, und den prächtigen Kardinal Kopp, dessen 
einfache, gediegene und echt deutsche Watur mich im höchsten Maße 
anzog. Sodann Andreas Thiel, den Bischof von Ermland, der sehr 
alt geworden ist und vier Königen gedient hat; ich habe ihn von 
Cadinen aus noch oft besucht. Gut verstanden habe ich mich auch 
mit dem jungen, frischen und energischen Bropst Scheuffgen in Trier, 
oft haben wir uns offen und rückhaltlos ausgesprochen. Er war 
ein humorvoller, jovialer Herr von lebhaftem Geist, dazu ein — aus- 
gezeichneter Weinkenner! Später hat er mich oft in Urville besucht 
und ist dabei gelegentlich mit meiner Familie photographiert worden. 
Wohl daraus ist die Fama entstanden, er sei — Beichtvater meiner 
verewigten Frau gewesen! 
Zum 00. Geburtstage meines Großvaters kam unter anderen 
Würdenträgern auch der einflusßreiche Kardinal Galimberti im Auf- 
trage Papst Leos XllI. nach Berlin; er war damals stellvertretender 
Staatssekretär. Als Sekretär der Kongregation für außerordentliche 
geistliche Angelegenhekten, in der auch die kirchenpolitischen er- 
handlungen mit Preußen bearbeitet wurden, hatte er, persönlich 
ein großer Berehrer des Fürsten Bismarck, sein Möglichstes ge- 
tan, um die VBersöhnung zwischen Rom und Berlin herbeizuführen. 
Bei seinem Besuch hat seine eindrucksvolle Persönlichkeit mit den 
südländisch blitzenden Augen mir und allen andern hervorragend 
gefallen; was er sagte, zeugte von großer Klugheikt und Uber- 
legenheit. 
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