Im Jahre 1884 lud mich der neue Marineminister, General
v. Caprivi, ein, an den Ubungen der Glotte bei Zoppot teilzunehmen.
Mein Großvater bewilligte mir Urlaub, und ich erhielt die Erlaub-
nis, an Bord des in Kiel als Wachtschiff liegenden Banzerkreuzers
„Hansa“ (Kapitän zur See Becks) nach Zoppot zu fahren. Die Uber-
fahrt war außerordentlich stürmisch, die .Hansa“ schlingerte lebhaft,
und ich hatte daher eine böse Nacht zu überstehen. Caprivi kam bei Hela
an Bord, und wir fuhren nun die Linie der in der Bucht von
Zoppot verankerten Schiffe entlang, die das gesamte kn Dienst be-
findliche Materkal bis zu den Schulschiffsbriggs hinunter darstellten.
Auch einige der ersten Torpedobootsmodelle waren dabet vertreten,
ebenso die Küstenverteidigungskanonenboote der ü„Brummer“-Klasse
mit se einem schweren Geschütz. Das Ganze stand unter dem Kom-
mando des Admirals Graf Monts, der seine Flagge auf S. M. S.
„Baden" gesetzt hatte. Beim Essen, das General v. Caprivi auf
dem Flaggschiff gab, traf ich den Flügeladjutanten meines Groß-
vaters, Oberstleutnant v. Blessen, der von seinem alten Bekannten,
Kapitän zur See Tirpitz, zu der Flottenschau eingeladen war, um dem
Kasser Bericht zu erstatten. Es fanden Inspizierungen von Schiffen
teils unter Segel, teils unter Dampf statt, sowie Gefechtsübungen
und eine große Landungsübung bel Gdingen, bei der die Ersten Leib-
husaren aus Danzig den Feind abgaben. «
Tirpitz, dem damals das Torpedowesen unterstand, hatte ein Ge—
fechtsbild ausgearbeitet, das das Herankommen von Torpedobooten
unter dem Schutz des Rauches der feuernden Schiffe darstellen sollte.
S. M. S. „Hansa! war als Zielobjekt ausersehen, die Ubung sollte
„geheim“ sein. Caprivi, Plessen und wir anderen Zuschauer befanden
uns an Bord der „Grille“ und harrten gespannt der Dinge, die da
kommen sollten. Die Erwartung wurde noch dadurch erhöht, daß
neben dem großen Schausptel sich ein kleineres, aber nicht weniger
interessantes abrollen sollte. Durch die Geheimpolizei war nämlich
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