Hand in Hand mit meiner wissenschaftlichen ging meine körper—
liche Ausbildung. An und für sich war mir eine gute, widerstands-
fahige Konstitution zu eigen, ich erwies mich im Ertragen von gei-
stigen Anstrengungen und körperlichen Strapazen durchaus meinen
Kameraden gewachsen, teilweise überlegen. Unzuverlässig zeigte sich
meine Natur allein darin, daß ich für ansteckende Krankheiten in
einem außerordentlich hohen Grade anfällig war und von diesen
dann auch ungemein schwer heimgesucht wurde. Wenn irgend jemand
in meiner Nähe einen harmlosen Schnupfen hatte, wurde ich un-
weigerlich angesteckt, bekam ihn dann aber mit mehr oder weniger
hohem Fieber und war auf mindestens eine Woche völlig arbeits-
unfähig. Ich habe mich daher vor ansteckenden Krankheiten immer
nach Möglichkeit in acht nehmen mühssen.
Ein ausgesprochenes Hemmnis war es aber für mich, daß mein
linker Arm infolge einer bei der Geburt entstandenen, anfangs über-
sehenen Berletzung in der Entwicklung zurückgeblieben war und seine
freie Beweglichkeit eingebüßt hatte. Die ärztliche Wissenschaft der
Zeit hatte wohl noch nicht jene modernen orthopädischen Mittel be-
reit, mit denen man heute einen solchen Zustand beheben würde. Jeden-
falls wurde ich auf die verschiedensten Arten behandelt, die man jetzt
wohl nur noch als laienhaft bezeichnen würde, und die das einzige
Ergebnis hatten, daß ich in schmerzvollster Weise gequält wurde.
Auch der Turnunterricht, den ich von dem tüchtigen und som-
pathischen Hauptmann v. Dreskoy vom 2. Thüringischen Infanterie-
regiment Nr. 32, dem späteren Leiter der Milktärturnanstalt, seit
1866 erhielt, verfolgte ursprünglich lediglich die Absicht, meinen Arm
auf gymnastischem Wege zu kräftigen. Erst allmählich ging er zum
eigentlichen Turnen über, das ich aber selbstverständlich niemals mit
der Passion betretben konnte wie andere, nichtbehinderte Knaben.
Dahingegen habe ich das Schwimmen, das mir zuerst ebenfalls
beträchtliche Schwierigkeiten bereitete, bald mit lebhafter Begeisterung
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