Luise fuhr ich den Siegern bis zur Station Wildpark bei Potsdam
entgegen. Welch eine Freude, welch ein Glück, als mich der geliebte
Vater umarmte, ich den hochverehrten Großvater nun als Deutschen
Kaiser wiedersah! Wahrlich, es war ein bedeutungsvoller Augen-
blick, und „welch eine Wendung durch Gottes Führung“ konnte man
wohl aus tiefstem Herzen sagen.
Unendlicher Jubel begrüßte Kaiser und Kronprinz, als wir durch
Berlin fuhren, brauste nachher noch lange zum Kronprinzenpalais
empor und legte sich nicht eher, bis sich mein Bater, die Seinen um
sich, den begeisterten Berlinern auf dem Balkon gezeigt hatte.
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Vier Tage später, am 21. März, wurde der erste deutsche Reichs-
tag im Weißen Saale des Berliner Schlosses eröffnet. Wenn ich
auch noch wenig von der Bedeutung dieses Aktes verstand, war ich
doch glücklich, ihm beiwohnen zu dürfen. Zu dieser Feierlichkeit hatte
mein Bater, der fa gern das Kaisertum des neuen Deutschland an
das mittelalterliche angeknüpft hätte, heimlich den Thron aus Goslar
kommen lassen, was zu unangenehmen Auseinandersetzungen Anlaß
gab. Meine Mutter hat diese Schwäche des Kronprinzen für das
alte Kaksertum immer bekämpft und damitt thren klaren und ruhigen
politischen Blick gezeigt.
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Am 13. Junk zogen die aus Frankreich heimkehrenden Potsdamer
Truppen in ihre Garnison ein. Mein Bater ritt mit meiner Mutter,
die die Uniform ihres Husarenregiments angelegt hatte, und mit mir
ich war natürlich in der Uniform des Ersten Garderegiments zu
Fuß — den heimkehrenden Truppen bis Wildpark entgegen. Ich
trat nicht mit ein, erlebte aber den Jubel in der schön geschmückten
Residenzstadt mit, der keine Grenze kannte. Die Soldaten waren
schließlich über und über mit Kränzen bedeckt, auch mein Bater hatte
eine ganze Anzahl über seinen Degenknauf gehängt.
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