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Hat eine solche Abertragung im Wege der Gesetgebung statt-
gefunden, so ist nach Art. 7 Ziff. 2 d. RW. insoweit das Recht
des Bundesrates ausgeschlossen. Andererseits steht das Ver-
ordnungsrecht demjenigen Faktor, dem es übertragen ist, nur in
dem in dem betreffenden Gesetze angegebenen Amfange zu. Ist
in der besonderen Ermächtigungsbestimmung für den Kaiser oder
den Reichskanzler die Vorschrift enthalten, daß die Verordnung
„mit Zustimmung des Bundesrates“ oder „im Einvernehmen“
mit ihm 27) zu erlassen sei, so wird damit dem Bundesrat ein
gleichwertiges Mitwirkungsrecht bei Feststellung des Inhaltes
eingeräumt, die Sanktion dagegen bleibt dem mit dem Erlaß
der Verordnung betrauten Organ vorbehalten.
Das bisher unter Nr. 1 Gesagte über die Befugnis des
Bundesrates zum Erlaß von Verordnungen bezieht sich nur auf
solche Anordnungen, die keine Rechts vorschriften enthalten,
sondern sich nur als Akte der freien Berwaltungstätigkeit
darstellen. Anders verhält es sich dagegen mit den sogenannten
Rechtsverordnungen, die, ohne in der Form des Gesetzes ge-
halten zu sein, sich doch materiell von Gesetzen im engeren
Sinne nicht unterscheiden. Aber die Frage, ob unter dem Be-
griff „Verwaltungsvorschriften“ in Art. 7 Ziff. 2 d. Re. auch
Rechtsverordnungen zu verstehen sind, und demgemäß in dieser
Bestimmung eine allgemeine Ermächtigung des Bundesrates
zum Erlasse von Rechtsverordnungen enthalten ist, gehen in der
Theorie die Meinungen weit auseinander.
Es sind in der Hauptsache drei Theorien, die in ihrer Aus-
legung von Art. 7 Ziff. 2 zu grundverschiedenen Resultaten
gelangen
Als vollkommen grundlos und willkürlich bezeichnet La-
bandes) die Ansicht von Zorn 29) und Kloeppel30), daß
27) Beispiele hierfür finden sich bei Laband, Staatsrecht, Bd. lII,
S.'98f.
28) Staatsrecht, Bd. II S. 91.
29) A. a. O. Bd. l S. 486.
30) A. a. O. S. 173ff.