108 Ueber die Verpflichtung restaurirter Regierungen
und dies gilt von allen Zweigen der Staaisgewal. Demnach
kann allerdings auch die Wiedereinsetzung einer durch eine
Zwischenherrschaft unterbrochen gewesenen Regierungsgewalt
selbst, mit ihren Folgen und Wirkungen in Betreff des öffent-
lichen Rechtszustandes für die Zukunft, keine dem Urtheile der
Gerichte unterworfene Frage sein; allein, wenn es sich darum
handelt, ob und inwiefern Privatrechte durch Handlungen der
vertriebenen Regierung, besonders solche, die an sich privat-
rechtlicher Natur sind, wie z. B. Käufe und Anlehen, begründet
worden und ferner anzuerkennen seien, so fällt dies allerdings
unter den allgemeinen Begriff einer Justizsache !). Hätte sich
also z. B. für die Besitzergreifung der unter der westphälischen
Herrschaft veräusserten Domainen wirklich das sog. Staats-
noihrecht geltend machen lassen, so wäre diese Besilznahme
selbst allerdings der richterlichen Cognition entzogen worden; —
keineswegs aber die Frage, ob und welche Entschädigung
den Käufern oder Besitzern dafür zuzusprechen sei. Allein,
um dieses Staatsnothrecht handelte es sich dabei in der
That gar nicht; der Fiscus oder die landesherrliche Kammer
nahm die Güler nicht kraft eines in der Staatsgewalt enthaltenen
Herrscherrechts, sondern ganz einfach auf den Grund eines
angeblich fortdauernden und ungeachtet des dazwischen liegenden
Verkaufs nebst Uebergabe nicht aufgehobenen Eigenthums
des Landesherrn in Anspruch. Die Frage, ob ein solches Eigen-
ihum anzuerkennen sei, oder nicht, ist eine reine Rechtsfrage
und sowie der Fiscus in allen übrigen Fällen, wo er Besitz oder
Eigenihum an Sachen behauptet und verfolgen will, nach den
Grundsätzen der deutschen Justizverfassung vor den Gerichlen
Recht nehmen muss, so hätte es billiger und gerechter Weise
auch gegen die westphälischen Domainenkäufer geschehen müssen.
Dass die Gerichte beim Erkenntniss über streitige Privatrechte
bloss an das Privatrecht im objecliven Sinn angewiesen
seien, dabei aber nicht auch Quellen des öffentlichen Rechts,
völkerrechtliche oder Staatsverträge, zur Anwendung zu bringen
hätten, und dass sie dieselben nicht richtig zu interpretiren im
er
1) Vergl. mein deutsches Staats- und Bundesrecht Th. I. 6. 145.
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