124 Die staatswissenschaftliche Theorie der Griechen
aus den Zuständen Aegyptens herüber gezogen in die reine
Philosophie; die französische Revolution wollte die all römische
Republik wieder lebendig machen; Cabets Voyage en Icarie hat
einen ganzen Band Beweisstellen dafür, dass seine Gedanken so
alt: sind als die Gedanken der Menschen über das Eigenthum;
ja selbst die „Anarchie“ Proudhons hatte, wie wir sehen werden,
schon vor der Zeit des Aristoteles eine ganze Parlei zu Anhän-
gern. — Es ist aber leicht klar, dass es gewisse Verhältnisse
und Fragen giebt, die für alle Zeiten Werth und Geltung haben,
weil sie, in der Natur des Menschen liegend, die ganze Geschichte
der Menschheit begleitet haben und ewig begleiten werden.
Dahin gehören namentlich Wesen und Elemente der Demokratie
und Aristokratie, die Frage nach der Gleichheit und Freiheit und
anderes. Diejenigen, die diese Fragen in Beziehung auf die Lage
der Dinge und ihrer Zeit mit Ernst untersuchen, behalten stets
ihren Werth; und zwar gerade aus dem obigen Grund, weil man
aus ihnen lernt, was einst gewesen ist. Zu diesen aber gehört
vor allen Aristoteles.
Eine zweite Folge des obigen Satzes ist, dass dieselben
Theorieen und Untersuchungen zu verschiedenen Zeiten einen sehr
verschiedenen Werth haben, und zwar so sehr, dass eine mässige
oder gemässigte Darstellung in Einer Zeit ungemeinen Eindruck
macht, während die ausgezeichnetste Untersuchung und die maass-
losesten Theorieen desselben Inhalts zu einer andern Zeit ohne
allen Erfolg bleiben. . Wir wollen diesen Satz, der wohl keinem
Zweifel unterliegen wird, hier nicht weiter ausführen ; vielleicht
ist seine lehrreichste Anwendung gerade diejenige, welche sich auf
die Staatsromane bezieht. Die Utopia von Thomas Morus erschien
als ein wichtiges Werk; von Campanella, von Morelly und an-
dern hat man Jahrhunderte lang nicht gesprochen, während
dieselben Gedanken zu Babeufs Zeiten eine Macht waren. Allein
es sei uns verstattet auf den Zusammenhang dieses Satzes mit
dem folgenden, dem letzten den wir hervorheben wollen, auf-
merksam zu machen.
Es ergiebt sich nämlich drittens, dass man aus diesen Grün-
den niemals sich damit begnügen müsste, namentlich nicht in
der Geschichte der Rechtsphilosophie — die in der That nur ein