vor Aristoteles und Platon, 125
Theil der Geschichte der Staatswissenschaft ist — bloss die Ansichten
des betreffenden Philosophen wenn auch mit möglichster Klarheit
und Genauigkeit, darzustellen. Es ist für alle ohne Ausnahme ein
unverbrüchliches Gesetz, das ihre Theorieen gerade in dem was
sie eigenthümlich und wichtig macht, nicht ihnen und ihrer in-
dividuellen Arbeit, sondern ihrer ganzen Zeit, und namentlich
den Hauptfragen, welche dieselbe bewegen, angehören. Es lässt
sich sogar bei den meisten nachweisen, wie sie an ganz beslimmte
Zustände und Gegensätze sich angeschlossen haben, wie sie einen
ganz bestimmten Zweck halten, wie sie ofl sogar durch ganz bestimmte
Gegner dazu kamen, ihre Anschauungen zu förmlichen Systemen und
Büchern zu entwickeln. In der That, wenn man die Rechtsphilo-
sophen durchgeht, wie wenig gehört dem reinen Begriff des Staats,
wie wenig der strengen Logik? Und desshalb nun ist est gewiss
auch von grösster Bedeulung, neben diesen Zuständen zugleich
die übrigen Schriftsteller, und zwar namentlich diejenigen welche
dem Hauptschriftsteller vorbergehen, im allgemeinen Ueberblick
anzuführen. Denn gerade bei diesen gilt in noch höherem
Maasse als bei dem Hauptschriftsieller der Grundsatz, dass sie,
mit ihren Ansichten von den gegebenen Verhältnissen influirt,
auch ein treues Bild der Reflexe bieten, welche diese gegebenen
Verhältnisse im geistigen Leben der Nation erzeugt haben. Man
kann vielleicht überhaupt im Allgemeinen sagen, dass die Schrift-
steller zweiter Ordnung in staatlichen Fragen sich von denen erster
Ordnung dadurch unterscheiden, dass bei jenen die gegebenen
Verhältnisse, die Fragen, der Hass und die Erbitterung welche
sie hervorriefen, das Beherrschende in Auffassung und Darstel-
lung sind, während das Wesen der Schrifisieller der ersten Ord-
nung darin besteht, dass sie sich durch diese ihre Gegenwart
gleichsam hindurch arbeilen, und vermöge ihres klaren Begriffes
zu einem Standpunkt gelangen, auf welchem sie über diesen
Fragen ihrer Gegenwart stehen, ohne doch etwas anderes als
eben diese Fragen unter ihren Füssen zu haben. Diese Unter-
scheidung mag nun freilich im Allgemeinen wohl richtig sein;
allein es ist schwer sie zur praktischen Anwendung zu bringen.
Immer aber wird dabei die Bedeutung der Vorgänger solcher
Häupter des geistigen Lebens zu allem was Staat und Gesellschaft