württembergische Agrarverhältnisse. 193
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dem dauernden Nutzungswerth desselben so ausserordentlich gross,
dass die Uebernalime eines Gutls durch ein Kind, wenn dieses
den übrigen Geschwistern auch nur den Pflichilheil herauszahlen
soll, auf Schwierigkeiten stossen muss. Dies ist auch neben andern
ein Grund, warum im badischen Schwarzwald, wo ein sehr grosser
Theil des Grundbesitzes gesetzlich geschlossen ist, die Hofgüter
in der Regel so ausserordentlich wohlfeil dem übernehmenden
Erben überlassen werden, wie einige im zweiten Artikel anzu-
gebende Beispiele beweisen. |
Aber auch bei solchen Gütern, die wenig oder keinen Wald
haben und fast ausschliesslich aus Bauland bestehen, kann diese
Unmöglichkeit eintreten wegen der beim Ueberwiegen des Klein-
besitzes, wie wir es im Lande haben, ganz unvermeidlichen
Ueberschätzung der Güterpreise.
Eine längere Beobachtung der Güterpreise hat mich über-
zeugt, und die Beobachtungen anderer der Landwirthschaft noch
näher stehender Männer stimmen damit ganz überein, dass überall,
wo die Mehrzahl der Grundbesitzungen so klein sind, dass sie
ohne Dienstboten und ohne Taglöhner bewirthschaftet werden
können, die Grenze der Kaufpreise nicht durch den kapitalisirten
Reinertrag des Bodens bestimmt wird, sondern durch den Kapital-
werth des Rohertrags nach Abzug der Abgaben an Staat, Amts-
corporation und Gemeinde, des Aufwands für die Saat und
höchstens noch des Theils der Bestellungskosten, der durch das
Gespann verursacht wird, weil dieser oft genug eine Auslage
bildet, aber nicht nach Abzug der Arbeitskosten. Weil
diese von den Grundbesitzern selbst verdient werden, so sind
dieselben nur zu sehr geneigt, sie als Reinerirag des Bodens
zu betrachten und im Kaufpreis ebenso zu kapitalisiren wie die
reine Bodenrente. Die Leute opfern dann eigentlich den Theil
ihres Vermögens, der dem Kapitalwerth ihrer Arbeitsleistung
entspricht und werden ihre eigenen Taglöhner, von denen sie
sich in der Wirklichkeit durch nichts unterscheiden, als dass sie
sich selbst die Arbeit anweisen, anstatt sie von Ändern gegen
Lohn angewiesen zu erhalten. Ich sage nicht, dass diese Grenze
der Kaufpreise immer und überall erreicht wird. Gerade jetzt,
wo der landwirthschaftliche Kredit als Folge seiner übermässigen
Zeitschr. für Staatsw. 1853. 2s Heft. 13