vom Asyle. 579
kunft schon so fest, dass die Staaten ohne Weiteres aufgefordert
werden könnten, sich demselben zu fügen. Nichts ist wahrschein-
licher, als dass die Aufgabe, wenn sie überhaupt aufgenommen
wird, noch in sehr verschiedenem Sinne gefasst, und dass noch
sehr abweichende Rede und Gegenrede gewechselt werden wird;
und es ist.wenigstens möglich, dass schliesslich eine andere Lö-
sung Zustimmung erhält, als die hier gefundene. Allein einmal
liegt eine andere allgemeine Bearbeitung der Frage gar noch
nicht vor; und zweitens dient es zu gleicher Zeit zur Prüfung
der aufgestellten Lehre, wenn sie mit dem Bestehenden zusam-
mengehalten und untersucht wird, welche Folgerungen für dieses
sich daraus ergeben. Führen die Schlüsse aus einem Satze zu
verständigen Ergebnissen, so ist es wenigstens eine Vermuthung
für seine Richtigkeit; während umgekehrt unmögliche oder offen-
bar verkehrte Folgesätze einen sichern Schluss auf die Un-
richtigkeit des Ausgangssatzes ziehen lassen. _
Es würde zu weit führen und kaum von genügender Be-
deutung sein, wenn alle untergeordneten Einzelnheiten und Ab-
weichungen besprochen werden wollten. Der Zweck wird er-
reicht, wenn die Hauptpunkte ausgehoben, hierbei aber die jetzigen
Zustände mit der oben aufgestellten Theorie verglichen, gehörigen
Ortes Vorschläge gemacht werden. — Als solche Hauptpunkte
lassen sich nun aber folgende drei bezeichnen: Vor Allem die
Frage über die eigene Bestrafung der Staalsangehörigen wegen
eines im Auslande begangenen Verbrechens; zweitens, die Bestrafung
eines von einem Ausländer gegen das Ausland und in demselben
begangenen Verbrechens; drittens, das Asylrecht und die Aus-
lieferung ').
1) Die diesseitige Bestrafung eines Ausländers, wegen eines im Aus-
lande gegen Jen diesseitigen Staat begangenen, bisher nicht bestraften Ver-
brechens ist hier nicht mit aufgenommen, obgleich diese Frage von den
verschiedenen Staaten sehr verschieden beantwortet wird (s. oben, S. 473).
So wichtig nämlich auch die Frage in internationaler Beziehung ist, wegen
der möglicherweise verschiedenen Auffassung des Rechtspunktes von Seiten
der beiden betheiligten Staaten; so macht sie doch keinen Theil des hier
zunächst zu besprechenden Systemes der ergänzenden Rechtspflege aus. In
einem solchen Falle nimmt ja der Staat keine fremde Regierung in Anspruch
zur Ergänzung seiner eigenen, nicht ausreichenden Rechtspflege; sondern er