92 Ueber die Verpflichtung restaurirter Regierungen
und deshalb z. B. keine Anlehen machen, sondern das Geld da
wegnehmen, wo es sich darböte !). Mindestens muss es dem-
nach als höchst zweifelhaft betrachtet werden, welche von den
beiden sich einander gegenüberstehenden Ansichten wirklich
staatsgefährlicher sei.
Die Lehre vom „ewigen Staate“ aber, die natürlich
dadurch nicht widerlegt wird, dass die Geschichte von vielen
untergegangenen Staaten zu erzählen weiss, und die keinen
andern Sinn hat, als dass jeder Staat seiner Natur und Bestim-
mung nach ein dauernder und unauflöslicher Verein sei, und
dass die Staatsgewalt unabhängig von den wechselnden Inhabern,
der Rechtsidee nach, ununterbrochen fortdauere, — ist keine
neue Erfindung der speculativen Philosophie, sondern wohl so
alt, wie die Staaten selbst ?). Es würde nicht schwer sein, aus
dem Römischen Recht zu beweisen, dass das imperium als etwas
ununterbrochen Fortdauerndes angesehen wurde. Auch die
Juristen des Mittelalters (z. B. Baldus) personificiren die Staats-
gewalt als die den Staat ununterbrochen repräsentirende Macht
und leiten daraus die Verpflichtung jedes Nachfolgers zur An-
erkennung desjenigen ab, ‘was im Namen des Staats geschehen
ist, und denselben Sinn hat in dem früher streng monarchischen
Frankreich das Sprüchwort: „Le roi ne meurt pas.“ Mit dem
Legitimitätsprincip kann aber diese Lehre deshalb gar nicht im
Widerspruch stehen, weil ohne sie das Princip selbst ganz seine
Basis verlieren und der rechtliche Zusammenhang auch zwischen
den auf einander folgenden legitimen Throninhabern aufgehoben
werden würde.
Ganz einerlei ist es übrigens für die Beurtheilung der vor-
liegenden Rechtsfrage, ob man den Rechtsgrund der Staats-
gewalt in einem nach freier Willkühr abgeschlossenen Vertrag,
oder auf irgend ein Gesetz der Nothwendigkeit gründet.
Denn der Begriff und das Wesen des Staats selbst wird dadurch
nicht afficirt. Auch das monarchische Princip ?) in seiner
1) K. S. Zachariä, vierzig Bücher. Band V. Seite 124.
2) Hugo Grotius, De J. B. et P. Lib. II. Cap. IX. $. 3. „Dixit Iso-
erates et post eum Julianus imperator civitates esse immortales.*
3) Das monarchische Princip ist blos gegen die wirkliche Theilung