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Brotfrucht, die der Wald in reichlicher Menge liefert. Beiden Stämmen
fehlt eine gewisse lebensnotwendige, wenn auch philosophisch zu zügelnde
Freude am Gelderwerb und Geldersparen. Im Verein mit angeborener
oder erworbener Trägheit wirkt dies der Fortentwicklung sehr entgegen.
Die Viehzucht hebt sich. Die Rinder dienen vornehmlich als Zug—
und Reittiere. Bei Futteranbau und Pflege hat eine geregelte Vieh- und
Milchwirtschaft nach deutscher Art sich auch hier, wie in unsern anderen
südlichen Schutzgebieten, einrichten lassen. Auf Saipan wurde eine staat-
liche Viehwirtschaft mit zunächst etwa vierzig, auf Rota eine solche mit
zunächst sieben Stück Rindvieh begründet.
Daß der Viehstand früher hier reichlich vorhanden gewesen sein muß,
beweist eine verwilderte Herde von etwa 500 Stück Rindvieh neben
Tausenden von Schweinen und Hühnern auf Tinian. Jetzt darf wöchentlich
nur ein abgängiges Tier geschossen werden.
Auf Rota befindet sich ein Bestand prächtiger Hirsche. Es wurde
eine mehrjährige Schonzeit angeordnet.
In früheren Zeiten blühte hier der Fischfang. Mit ihren Segel-
booten, deren eigentümliche Form den Entdecker Magalhaes veranlaßte,
die Inseln die der „lateinischen Segel“ zu nennen, fuhren die Chamorros
ins Meer hinaus und unterhielten einen lebhaften Verkehr zwischen den
einzelnen Inseln. Der Gebrauch solcher Segelkanus wurde vom spanischen
Gouvernement verboten!
Der Unterricht wird in der Chamorrosprache erteilt, die von allen,
auch von den drei deutschen Beamten gut verstanden und das Spanische
bald ganz verdrängt haben wird. Man zählt schon 300 Schüler und
Schülerinnen mit fünf einheimischen Lehrern.
Dank der Verpflichtung zur öffentlichen Arbeit wird es nicht schwer
sein, die Eingeborenen zur Ausführung größerer gemeinschaftlicher Kultur-
arbeiten im eigenen Interesse zu veranlassen.
Die Inseln, welche zu Beginn der spanischen Herrschaft wenigstens
50 000 Bewohner hatten, beherbergen heute nur deren 2000. Möglich,
daß auch Katastrophen zu dieser Entvölkerung beigetragen haben. Orkane
sind häufig. Besonders vom 7. bis zum 9. November 1905 wurden in
Saipan sämtliche Amtsgebäude zerstört. Das barometrische Minimum be-
trug 700 mm. Nur die japanischen Holzhäuser mit schweren Ziegeldächern
bewährten sich gegen diese Windsbraut, die auch die Erntehoffnungen
auf zwei Jahre vernichtete. Unsre Behörden ließen sofort Mais und