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Gewiß richtig scheint zu sein, was ein Engländer, von den
Samoanern sprechend, vor sechzehn Jahren sagte:
„Jedes Volk hat sein Pfund, den Grund und Boden, auf dem es
lebt, von der Natur erhalten, mit welchem es wuchere, es verbessere,
nicht aber es verringere. Wenn ein Volk diesen Schatz nicht schützt,
nicht zu verwerten weiß, so kommt ein Klügerer und bemächtigt sich
desselben (oder wie die Bibel sagt: das Pfund wird von ihm genommen
und einem anderen gegeben), und das Volk
verschwindet. — Dieses sind die Auspizien für
Samoa!“
Aber vielleicht nicht so ganz. Die Grund-
lage der politischen Verhältnisse ist hier die
Familie. Das Grundeigentum der Familie
ist unveräußerlich. Die Dörfer haben einen
Häuptling mit erblicher Würde und ein ge-
meinsames Versammlungs= und Vergnügungs-
haus, das Faletele. Größere Bezirke halten einen
Tupu, eine Ratsversammlung der Altesten, und
haben einen Tui, König. Die Familien Tama-
fainga auf Sawaii und Malietoa auf Upolu
und auch einige andere standen einander mit
Ansprüchen auf die Gesamtherrschaft gegen—
über, was ebenso wie die Parteiungen Taimuna
und Puletua demokratischer und aristokratischer,
zugleich fremdenfreundlicher und -feindlicher
Richtung zu steten Bürgerkriegen führte.
Die britische Kolonie Neuseeland bean-
tragte deshalb schon im Jahre 1872 die Annek-
tierung Samoas, als die Vereinigten Staaten
eingriffen und sich den Hafen von Pago-Pago auf Tutuila sicherten. Im
Jahre 1877 heißte der dortige Vertreter der Union, Oberst Steinberger,
sogar das Sternenbanner, indem er sich an die Spitze der Partei der
Taimunoa stellte und sie zum Abfall von den heimischen Königen verleitete.
Nun hatte aber, wie gesagt, das Hamburger Haus Godeffroy großen
Grundbesitz bei Apia auf Upolu und auf Sawaii erworben und dort
Plantagen mit gegen 1200000 Kokosbäumen angelegt. Kein Wunder
also, daß Deutschland sich mit England in seinem Widerspruch gegen
König Tamasese.