Full text: Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes. 1870. (4)

— 236 — 
Sechszehnter Abschnitt. 
Verbrechen und Vergehen wider das Leben. 
§. 211. 
Wer vorsätzlich einen Menschen tödtet, wird, wenn er die Tödtung mit 
Ueberlegung ausgeführt hat, wegen Mordes mit dem Tode bestraft. 
§. 212. 
Wer vorsätzlich einen Menschen tödtet, wird, wenn er die Tödtung nicht 
mit Ueberlegung ausgeführt hat, wegen Todtschlages mit Zuchthaus nicht unter 
fünf Jahren bestraft. 
§. 213. 
War der Todtschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem 
Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem Ge- 
tödteten zum Zorne gereizt und hierdurch auf der Stelle zur That hingerissen 
worden, oder sind andere mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe 
nicht unter sechs Monaten ein. 
§. 214. 
Wer bei Unternehmung einer strafbaren Handlung, um ein der Ausführung 
derselben entgegentretendes Hindernis zu beseitigen oder um sich der Ergreifung 
auf frischer That zu entziehen, vorsätzlich einen Menschen tödtet, wird mit Zucht- 
haus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft. 
§. 215.  
Der Todtschlag an einem Verwandten aufsteigender Linie wird mit Zucht- 
haus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft. 
§. 216. · 
Ist Jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Ge- 
tödteten zur Tödtung bestimmt worden, so ist auf Gefängniß nicht unter drei 
Jahren zu erkennen. 
§. 217. 
Eine Mutter, welche ihr uneheliches Kind in oder gleich nach der Geburt 
vorsätzlich tödtet, wird mit Zuchthaus nicht unter drei Jahren bestraft. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter 
zwei Jahren ein. 
§. 218. 
Eine Schwangere, welche ihre Frucht vorsätzlich abtreibt oder im Mutter- 
leibe tödtet, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter 
sechs Monaten ein. 
Dieselben Strafvorschriften finden auf denjenigen Anwendung, welcher 

	        
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