Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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§. 80. 
Mehrere Bevollmächtigte sind berechtigt, sowohl gemeinschaftlich als einzeln 
die Partei zu vertreten. Eine abweichende Bestimmung der Vollmacht hat dem 
Gegner gegenüber keine rechtliche Wirkung. 
§. 81. 
Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozeßhandlungen sind 
für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst 
vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen thatsächlichen 
Erklärungen, insoweit nicht dieselben von der miterschienenen Partei sofort wider= 
rufen oder berichtigt werden. 
§. 82. 
Die Vollmacht wird weder durch den Tod des Vollmachtgebers, noch durch 
eine Veränderung in Betreff seiner Prozeßfähigkeit oder seiner gesetzlichen Vertretung 
aufgehoben; der Bevollmächtigte hat jedoch, wenn er nach Aussetzung des Rechtsstreits 
für den Nachfolger im Rechtsstreit auftritt, eine Vollmacht desselben beizubringen. 
§. 83. 
Dem Gegner gegenüber erlangt die Kündigung des Vollmachtvertrags erst 
durch die Anzeige des Erlöschens der Vollmacht, in Anwaltsprozessen erst durch 
die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit. 
Der Bevollmächtigte wird durch die von seiner Seite erfolgte Kündigung 
nicht gehindert, für den Vollmachtgeber so lange zu handeln, bis dieser für 
Wahrnehmung seiner Rechte in anderer Weise gesorgt hat. 
§. 84. 
Der Mangel der Vollmacht kann von dem Gegner in jeder Lage des 
Rechtsstreits gerügt werden. 
Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amtswegen zu berück= 
sichtigen, insoweit eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist. 
§. 85. 
Handelt Jemand für eine Partei als Geschäftsführer ohne Auftrag oder 
als Bewvollmächtigter ohne Beibringung einer Vollmacht, so kann er gegen oder 
ohne Sicherheitsleistung für Kosten und Schäden zur Prozeßführung einstweilen 
zugelassen werden. Das Endurtheil darf erst erlassen werden, nachdem die für 
die Beibringung der Genehmigung zu bestimmende Frist abgelaufen ist. 
Die Partei muß die Prozeßführung gegen sich gelten lassen, wenn sie auch 
nur mündlich Vollmacht ertheilt oder wenn sie die Prozeßführung ausdrücklich oder 
stillschweigend genehmigt hat. §. 86.  
Insoweit eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist, kann eine 
Partei mit jeder prozeßfähigen Person als Beistand erscheinen. 
Das von dem Beistande Vorgetragene gilt als von der Partei vorgebracht, 
insoweit es nicht von dieser sofort widerrufen oder berichtigt wird.
	        
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