Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

— 272 — 
oder dann durchsucht werden, wenn es sich um die Wiederergreifung eines =ent 
wichenen Gefangenen handelt. 
Diese Beschränkung findet keine Anwendung auf Wohnungen von Per= 
sonen, welche unter Polizeiaufsicht stehen, sowie auf Räume, welche zur Nachtzeit 
Jedermann zugänglich oder welche der Polizel als Herbergen oder Versammlungs= 
orte bestrafter Personen, als Niederlagen von Sachen, welche mittels strafbarer 
Handlungen erlangt sind, oder als Schlupfwinkel des Glückspiels oder gewerbs= 
mäßiger Unzucht bekannt sind. 
Die Nachtzeit umfaßt in dem Zeitraume vom ersten April bis dreißigsten 
September die Stunden von neun Uhr Abends bis vier Uhr Morgens und in 
dem Zeitraume vom ersten Oktober bis einunddreißigsten März die Stunden von 
neun Uhr Abends bis sechs Uhr Morgens. 
§. 105. 
Die Anordnung von Durchsuchungen steht dem Richter, bei Gefahr im 
Verzug auch der Staatsanwaltschaft und denjenigen Polizei- und Sicherheits= 
beamten zu, welche als Hülfsbeamte der Staatsanwaltschaft den Anordnungen 
derselben Folge zu leisten haben. 
Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des 
befriedeten Besitzthums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts statt= 
findet,  so sind, wenn dies möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder 
der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Die als 
Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizei- oder Sicherheits= 
beamte sein. 
Die in den vorstehenden Absätzen angeordneten Beschränkungen der Durch= 
suchung finden keine Anwendung auf die im §. 104 Abs. 2 bezeichneten Woh= 
nungen und Räume. 
Durchsuchungen in militärischen Dienstgebäuden erfolgen durch Ersuchen 
der Militärbehörde, und auf Verlangen der Civilbehörde (Richter, Staatsanwalt= 
schaft) unter deren Mitwirkung. Des Ersuchens der Militärbehörde bedarf es 
jedoch nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, welche in 
militärischen Dienstgebäuden ausschließlich von Civilpersonen bewohnt werden. 
§. 106. 
Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume oder Gegenstände darf der 
Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn dies möglich, sein 
Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen. 
Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit zugezogenen Person ist in 
den Fällen des §. 103 Abs. 1 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn 
bekannt zu machen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf die Inhaber 
der im §. 104 Abs. 2 bezeichneten Räume. 
§. 107. 
Dem von der Durchsuchung Betroffenen ist nach deren Beendigung auf 
Verlangen eine schriftliche Mittheilung zu machen, welche den Grund der 
Durchsuchung (§§. 102, 103) sowie im Falle des §. 102 die strafbare Hand=
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.