— 550 —
§. 4.
Durch die Untersuchung sollen die Ursachen des Seeunfalles, sowie alle
mit demselben zusammenhängenden Thatumstände ermittelt werden.
Insbesondere ist festzustellen:
1. ob der Schiffer oder der Steuermann durch Handlungen oder Unter=
lassungen den Unfall oder dessen Folgen verschuldet hat;
2. ob Mängel in der Bauart, Beschaffenheit, Ausrüstung, Beladung
oder in der Bemannung des Schiffes, oder
3. ob Mängel des Fahrwassers oder der für die Schiffahrt bestimmten
Hülfseinrichtungen (der Seezeichen, des Lootsenwesens, der Rettungs=
anstalten u. s. w.) oder Handlungen oder Unterlassungen der zur
Handhabung dieser Einrichtungen bestellten Personen den Unfall oder
dessen Folgen herbeigeführt haben;
4. ob die zur Verhütung des Zusammenstoßens von Schiffen auf See
und die über das Verhalten nach einem solchen Zusammenstoßen
erlassenen Vorschriften befolgt worden sind.
§. 5.
Zuständig für die Untersuchung ist das Seeamt:
1. in dessen Bezirk der Hafen liegt, welchen das Schiff nach dem Unfalle
zunächst erreicht;
2. dessen Sitz dem Ort des Unfalles zunächst belegen ist;
3. in dessen Bezirk der Heimathshafen des Schiffes liegt.
Unter mehreren hiernach zuständigen Seeämtern gebührt demjenigen der
Vorzug, welches die Untersuchung zuerst eingeleitet hat. Jedoch kann die Un=
tersuchung einem anderen der zuständigen Seeämter durch das Reichskanzler=
Amt übertragen werden.
Entstehen Streitigkeiten oder Zweifel über die Zuständigkeit, so entscheidet
das Reichskanzler-Amt.
§. 6.
Die Errichtung der Seeämter und die Bestimmung der Behörden, welche
die Aufsicht über diese Aemter zu führen haben, steht den Landesregierungen nach
Maßgabe der Landesgesetze, die Abgrenzung ihrer Bezirke dem Bundesrath zu.
Die Oberaufsicht über die Seeämter führt das Reich.
§. 7.
Das Seeamt bildet eine kollegiale Behörde und besteht aus einem Vor=
sitzenden und vier Beisitzern.
Der Vorsitzende muß die Fähigkeit zum Richteramt besitzen. Er wird
für die Dauer des zur Zeit seiner Ernennung von ihm bekleideten Amts, oder,