Full text: Die Bundesexekution nach der Reichsverfassung.

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erfolglos sich erweisen sollten, die Reichsexekution nach Vorschrift des 
Art. 19 beschlossen und vollstrecht werden kann. 
Pflichten der Einzelstaaten gegen einander hat die Reichsver- 
fassung in vielen Fällen statuiert. Die Gesamtheit der den Bundes- 
staaten gegen einander obliegenden Pflichten findet ihre natürliche 
Grundlage in dem Satze, daß eine gedeihliche Entwichlung des Ganzen, 
des Reiches, nur bei friedlichem Nebeneinanderleben und Nebenein- 
anderwirken der einzelnen Glieder möglich ist. Art. 76 der Reichs- 
verfassung gibt dem Reiche eine völkerrechtliche Jurisdiktion zur Ent- 
scheidung von Streitigkeiten zwischen verschiedenen Bundesstaaten. 
Sollte nun der eine Streitsteil die Vollziehung der ihm etwa in Er- 
ledigung des Streites vom Bundesrate auferlegten Pflichten gegenüber 
der anderen Partei verweigern, so wäre mit Nichterfüllung dieser Ver- 
pflichtung, die dem Einzelstaate im Verhältnisse zu einem anderen 
Gliedstaate von Reichswegen obliegt, der Fall einer Verletzung ver- 
fassungsmäßiger Bundespflichten und damit die Voraussetzung für eine 
Bundesexehkution gegeben. 
Die Bundespflichten der Einzelstaaten gegenüber dem Reiche sind 
vorzugsweise in den Art. 4, 35, 38, 39, 41, 42, 48 —51, 58 fg., 78 
der Verfassung enthalten. Es gehört hieher der Fall, wo ein Staat 
hinsichtlich der Stellung des ihm obliegenden Kontingentes oder der 
Zahlung der vom Reichshanzler in der Höhe des budgetmäßigen Be- 
trages ausgeschriebenen Matrihularbeiträge im Rüchkstande sich befindet. 
Es kann sich bei der Frage nach dem Rechtsgrunde einer Exehution 
darum handeln, ob und inwieweit Einzelstaaten ihrer Pflicht zur Mit- 
wirkung bei der Durchführung der Verfassung und Reichsgesetze in ihrem 
Gebiete Genüge geleistet haben. Es ist dabei besonders an den Fall 
zu denken, daß das Reich gemäß Art. 41 der Reichsverfassung gegen 
und trotz Widerspruchs eines Bundesgliedes eine Eisenbahn, deren Bau 
im Interesse der Reichsverteidigung oder des gemeinsamen Verkehrs 
erforderlich ist, durch das Gebiet des widerstrebenden Einzelstaates 
führen will. Setzt das Bundesglied einem Bau der beschlossenen Eisen- 
bahn durch sein Gebiet hartnäckigen Widerstand entgegen, so steht dem 
Reiche als äußerste und letzte Maßregel das Mittel einer Exekution 
gegen den Widersacher zur Verfügung. Ganz analog würde der Fall 
liegen, wenn das dem Kaiser zustehende Recht, gemäß Art. 65 a. a. O. 
innerhalb des Landesgebietes Festungen anzulegen, durch den Wider- 
stand eines Bundesgliedes illusorisch gemacht würde. Ob sich der Wider- 
stand gegen ein Recht des Reiches als solches oder gegen ein Reichs- 
organ richtet — im letzteren Fall gegen den Kaiser — ist nach den 
vorausgehenden Ausführungen vollhommen rechtsunerheblich, denn das 
Reichsorgan steht in dieser Beziehung dem Reiche selbst gleich. Es 
kann sich ferner handeln um eine Konstituierung der Reichsorgane. 
Als Reichsorgan kommt hier neben dem Bundesrate der Reichstag in 
Betracht. Eine Hinderung der zum Reichstag erforderlichen Wahlen, 
eine säumige Ausführung der zu diesen Wahlen erforderlichen Vor- 
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