Full text: Volksvergiftung 1914-1918.

— 8 — 
nationalen Widerstandskraft, wie etwa ein Manifest Karl Lieb- 
knechts, wobei man der offenen Haltung Liebknechts zweifellos mehr 
Sympathie entgegenzubringen vermag wie der Eberts. 
Am 10. September 19142 verfaßten Liebknecht, Klara Zetkin, Rosa 
Luxemburg und Mehring eine Erklaͤrung, in der sie ihre ablehnende 
Haltung zum Kriege und zur Parteipolitik zum Ausdruck brachten, 
und die „Humanité“ vom 8. November 1914 war in der glücklichen 
Lage, diese Erklärung ihrem französischen Publikum mitteilen zu 
können. 
Am 1. Oktober erfolgten in Berlin die ersten Jusammenkünfte 
der Opposition, und bereits am 4. November 1914 kam es in Württem- 
berg anläßlich des Kampfes um die „Schwäbische Tagwacht“ zur 
offenen Spaltung in der Sozialdemokratischen Partei, und die Oppo- 
sition gründete ihr eigenes Mitteilungsblatt, den „Sozialdemokrat“. 
Hier zeigt sich also schon nach drei Kriegsmonaten innerhalb eines 
deutschen Bundesstaates jene gefährliche Spaltung, die sich zwei 
Jahre später im ganzen Reich vollziehen sollte. 
Nun beliebt es der Sozialdemokratie stets, darauf zu verweisen, 
daß sie die Kriegskredite bewilligt und damit dem Staat die Mittel 
seines nationalen Verteidigungskampfes, der also auch nach ihrer 
Ansicht der Angegriffene und nicht der Angreifer war, geschaffen 
habe. Dieses Argument hat agitatorischen, aber keinen geschicht- 
lichen Wert, denn heute steht einwandfrei fest, daß die Be- 
willigung der Kriegskredite durch die Sozialdemokratie das Ergebnis 
einer Zwangslage gewesen ist:. Kennzeichnend hierfür sind die Aus- 
führungen Eberts im Parteiausschuß am 18. Januar 1917. Er sagte: 
„Wir stehen deshalb auch künftig zu der am 4. August ein- 
geschlagenen Politik. Sie hat lediglich die Pflicht zur Landes- 
verteidigung fesigelegt ... Im öbrigen ist die Politik vom 
4. August lediglich eine Frage der Taktik.“ 
Dieses Eingeständnis kann nicht scharf genug hervorgehoben wer- 
den, denn mit dieser „lediglichen“ Pflicht zur Landesverteidigung be- 
1 Heine, „Gegen die Quertreiber“, S. 11. 
2 Ledebour äußerte am 8. Juli 1918 im Retichstag hierzu, daß die 
Annahme des Etats keine prinzipielle sei, sondern eine Ausnahme darstelle. 
Wöärtlich sagte er über die Haltung der Sozialdemokratie: „Das ist uns nichts 
Neues, sie hat ja nur ausnahmsweise für den Etat gestimmt.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.