Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

244 Anhang. Anlage Nr. 12. 
der Fall ist, hat sich dieselbe aber immer auf die Gesetzmäßigkeit der in 
Rede stehenden Akte zu erstrecken. So dürfte beispielsweise schwerlich zu 
bezweifeln sein, daß eine Landesbehörde nicht verpflichtet ist, einen Aus 
länder als Inländer anzuerkennen, der in einem anderen Bundesstaate 
gegen das Reichsrecht von einer absolut unzuständigen Behörde (keiner 
höheren Verwaltungsbehörde) naturalisiert ist. Daß so, wie vom Be- 
klagten besonders betont ist, erhebliche Mißstände erwachsen können, lehrt 
unverkennbar schon der vorliegende Fall. Solche Mißstände können aber 
die vom Beklagten vertretene Rechtsauffassung um so weniger unter- 
stützen, als sie sich lediglich aus dem Mangel einer der Einheitlichkeit des 
Rechts entsprechenden Zentralinstanz zur Handhabung desselben für die 
Einzelfälle erklären, die sich durchaus nicht etwa notwendig als Streitig- 
keit zwischen Bundesstaaten im Sinne des gedachten Art. 76 darstellen. 
Kann sich nach alledem der Gerichtshof nicht der Prüfung der statt- 
gehabten Annullierung der Naturalisation des Klägers auf ihre rechtliche 
Zulässigkeit und Wirkung entziehen, so kommt dabei folgendes in Be- 
tracht. Nach der Nr. 3 des § 8 darf die Naturalisationsurkunde Aus- 
ländern nur dann erteilt werden, wenn sie „an dem Orte, wo sie sich 
niederlassen wollen, eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen finden“. 
Hiermit ist, wie der Wortlaut des Gesetzes und der Gegensatz desselben 
zu dem § 7 („niedergelassen habe") ergibt, als notwendige Voraussetzung 
der Naturalisation nicht die bereits erfolgte Niederlassung 
statuiert, sondern lediglich die Fähigkeit, Wohnung oder ein 
Unterkommen an dem Orte, wo der Naturalisierende sich 
niederlassen will, zu finden. (Meyer a. a. O. S. 167; Seydel, 
Die deutsche Reichs- und Staatsangehörigkeit in Hirths Ann. von 1876 
S. 142 Anm. 4.) 
Andererseits soll gewiß, wie namentlich der Gegensatz des Abs. 4 
des § 21 zu dem § 8 a. a. O. erkennen läßt, die Naturalisation nicht 
Ausländern zuteil werden, welche im Auslande bleiben; sie soll nur an 
solche erteilt werden, welche sich im Inlande an einem bestimmten Orte 
bereits niedergelassen haben oder doch niederlassen wollen, zum Zweck 
und in der Erwartung der Niederlassung an einem bestimmten Orte mit 
Rücksicht und in Beziehung auf letzteren (zu vgl. namentlich Abs. 2 des 
§ 8). Allein daraus folgt keineswegs mit rechtlicher Notwendigkeit, daß, 
wenn die bei der Aushändigung der Naturalisationsurkunde erwartete 
und vorausgesetzte Niederlassung demnächst nicht erfolgt — was ja aus 
den verschiedensten Gründen ohne jeden Dolus des Nachsuchenden und 
ganz gegen dessen Absicht geschehen kann —, damit auch die Rechts- 
wirkung der Aushändigung der Naturalisationsurkunde gemäß § 10 dieses 
Gesetzes, der Erwerb der Staatsangehörigkeit, wegfalle. — Das Gesetz 
kennt keine Naturalisierung unter Bedingungen, weder unter einer
	        
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