Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Zweiter Jahrgang. 1874. (2)

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Im Anschlusse an das Selte 23 des Central-Blatts abgedruckte Erkenntniß spricht sich ein Erkenntniß des 
Bundesamts vom 31. Oktober 1874 in Sachen Borbeck wider Seringhausen dahin aus, daß der Verlust 
des Unterstützungswohnsitzes durch Beibehaltung elnes zivilrechtlichen Domizils während der Abwesenheit nicht 
gehindert wird.
 
Gründe.  
Wie sich aus dem eigenen Vortrage des Klägers und der mit der Berufungsschrift über- 
reichten Verhandlung vom 1. August d. Js. ergiebt, ist der Schmied Theodor G. bereits seit dem 
Jahre 1872 von Seringhausen abwesend gewesen und hat derselbe seit jener Zeit bis zu seinem im 
Jull 1873 erfolgten Tode in der Wagenwerkstätte auf dem Köln-Mindener Bahnhof in Borbeck als 
Geselle gearbeitet, während er zuerst in Altendorf und dann in Borbeck gewohnt hat. Er hatte 
also bei seinem Ableben den früheren Unterstützungswohnsitz in Seringhausen durch mehr als zwei- 
jährige ununterbrochene Abwesenheit nach §. 22 Nr. 2 des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 ver- 
loren und hieraus folgt, daß auch seine Wittwe und selne Kinder, als sie im September 1873 der 
öffentlichen Fürsorge anheimfielen, ein Hülfsdomizil im Bezirk des verklagten Armenverbandes 
nicht haben konnten. Daß G., als er Seringhausen verließ, seine Familie dort zurückließ, daß er 
dort ein Wohnhaus und Grundeigenthum besaß und seine Steuern fortentrichtete, auch Bürgerrecht 
besaß, ist für die hier allein in Betracht kommende Frage, wo er während der kritischen Zeit seinen 
gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, ohne rechtliche Bedeutung. Es folgt daraus nur, daß er seinen 
Wohnsitz in Seringhausen trotz seiner Abwesenheit von diesem Orte beibehalten hat; aber dieses 
Domizil im zivilrechtlichen Sinne ist für den Erwerb oder Verlust des Unterstützungswohnsitzes nicht 
entscheidend. Daß er an den Feiertagen seine Familie in Seringhausen besuchte, was nach der 
Aussage der verehelichten G. bls zum Jahre 1868 nur etwa alle drei Monate geschah, ist nach 
§. 25 a. a. O. als Unterbrechung der Abwesenheit nicht anzusehen, weil er bei diesen Besuchen 
niemals die Absicht hatte, den Aufenthalt in Seringhausen dauernd fortzusetzen, vielmehr immer wieder 
nach Altendorf, beziehungsweise nach Borbeck zurückkehrte, bis er im November 1871 auch seine 
Famllie nach Borbeck übersiedeln ließ. Ob er sich im Herbst immer elnige Tage in Seringhausen 
aufgehalten hat, um die Kartoffelernte auf selnem Besitzthum vorzunehmen, ist schon deshalb ohne 
allen Belang, weil er schon im Juni 1871 dieses Grundeigenthum veräußert hat und die Abwesen- 
heit während des Zeitraums vom Juli 1871 bis dahin 1873 schon für sich allein genügte, den 
Verlust des Unterstützungswohnsitzes herbeizuführen. 
  
  
8. Post-Wesen. 
Leitung des Postbetriebes auf den Routen Neumünster-Neustadt in Holstein bez. Lübeck. 
Die Leitung und Beaufsichtigung des Postbetrlebes auf den Eisenbahnrouten Neumünster-Neustadt 
in Holstein bez. Lübeck welche gegenwärtig dem Eisenbahn-Postamte Nr. 17 in Hamburg obliegt, wird vom 
1. Januar 1875 ab dem Postamte in Neumünster in Holstein übertragen werden. 
Berlin W., den 10. Dezember 1874. 
Kaiserliches General-Postamt.
 
Korrespondenzverkehr mit Chili. 
Zwischen Deutschland und Chili ist am 22. März d. Js. ein Postvertrag abgeschlossen, welcher mit dem 
1. Januar 1875 in Kraft tritt. Korrespondenzen jeder Art nach Chili müssen bis zum Bestimmungsorte frankirt 
werden. Das Porto für Briefe beträgt für je 15 Gramm oder einen Thell von 15 Gramm: bei der Be- 
förderung über Hamburg, Bordeaux oder Antwerpen 80 Pfennige (Reichsmünze), bei der Beförderung
	        
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