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§. 31.
Beurtheilung der Reklamationen.
1. Zurückstellungen in Berücksichtigung von Reklamationen finden nur nach eingehender Prüfung der
Verhältnisse durch die Ersatz-Kommission statt, sofern die Veranlassung zur Reklamation nicht etwa
erst nach Beendigung, des Musterungs-Geschäftes entstanden sein sollte.
R. M. G. §. 19.
2. Sind die Reklamationsgründe durch freie Entschließung des Militärpflichtigen oder seiner Angehörigen
herbeigeführt (z. B. durch Ankauf, Erpachtung, Uebertragung eines Besitzthums u. s. w.), so sind sie
in der Regel zu verwerfen.
Das Vorhandensein von verheiratheten Brüdern, welche mindestens 26 Jahre alt und durch
ihren eigenen Hausstand außer Stand gesetzt sind, reklamirende Eltern zu unterstützen, ist als Grund
zur Verwerfung der Reklamation nicht anzusehen.
Desgleichen das Vorhandensein eines älteren Bruders, der im Heere oder in der Marine als
Unteroffiier dient, insofern eine Bescheinigung des Truppentheils darüber vorliegt, daß dieser mit
ersterem auch fernerhin zu kapituliren gedenkt.
3. Wird die Zurückstellung eines Militärpflichtigen in Antrag gebracht, weil dieser als die einzige Stütze
seiner Eltern oder Angehörigen zu betrachten ist, indem ein anderer zur Unterstützung derselben Ver-
pflichteter sich dieser Pflicht entzieht oder wegen strafbarer Handlungen eine längere Freiheitsstrafe
zu verbüßen hat, so ist der Antrag auf Zurückstellung des ersteren in der Regel als begründet nicht
zu betrachten und besonders dann nicht, wenn jener andere zur Unterstützung Verpflichtete etwa selbst
schon zu diesem Behuf von der aktiven Dienstpflicht entbunden worden ist.
Auch kann in der Regel daraus ein Reklamationsgrund nicht hergeleitet werden, daß ein zur
Unterstützung Verpflichteter dieser Verpflichtung nur unter besonderen Opfern nachkommen kann, in-
dem er z. B. sein lohnendes Gewerbe zeitweise aufgiebt, um dem arbeitsunfähigen Vater unmittelbar
hülfreiche Hand zu leisten.
4. Die im §. 30, 2.a. bezeichneten Berücksichtigungen dürfen in der Regel nicht eintreten, wenn die
Familie ect. neuerdings erhebliche Unterstützungen aus Armen-Fonds bezogen hat.
Wenn es sich in den Fällen des §. 30, 2.a. und b. darum handelt, festzustellen, ob die Person,
zu deren Gunsten reklamirt worden ist, noch arbeits= beziehungsweise aufsichtsfähig ist oder nicht, so
entscheiden hierüber die Ersatz-Behörden nach Anhörung des Gutachtens des denselben beigegebenen
Arztes, weshalb in derartigen Fällen die gedachte Person sich den Ersatz-Behörden in der Regel
persönlich vorstellen muß (§. 62, 7).
5. Die in Vorstehendem enthaltenen Bestimmungen finden auf Stiefsöhne und Adoptivsöhne, sowie auf
uneheliche Söhne gegenüber ihrer Mutter, gleiche Anwendung, wogegen sie auf Pflegesöhne, welche
nicht durch gerichtliche Urkunden an Kindes statt angenommen sind, nicht ausgedehnt werden dürfen.
6. Die im §. 30, 2.f. aufgeführte Vergünstigung kann auch gewährt werden:
a) Handwerksburschen wenn dieselben im Interesse ihrer gewerblichen Verhältnisse zu wandern
beabsichtigen,
b) den Schiffahrt treibenden Militärpflichtigen der Land-Bevölkerung,
c) allen Militärpflichtigen der seemännischen Bevölkerung.
Die Zurückstellung der unter b. und c. genannten Militärpflichtigen darf bis zu dem am
Schluß ihres vierten Militärpflichtjahres stattfindenden Schiffer-Musterungs-Geschäft (Abschnitt X)
ausgedehnt werden.
Seelente, welche eine deutsche Navigations= oder Schiffsbauschule besuchen, haben für die Dauer
des Besuches dieser Anstalten auf Zurückstellung Anspruch (§. 15, 6).
7. Die Zurückstellung der im Auslande lebenden Militärpflichtigen darf bis zu dem in ihrem dritten
Militärpflichtjahre stattfindenden Aushebungs-Geschäft ausgedehnt werden.
Die Zurückstellung der in Rußland lebenden deutschen Militärpflichtigen bis zu vorstehend er-
wähntem Termin darf seitens der Kaiserlich deutschen Botschaft zu St. Petersburg — unter Benach-
richtigung der heimathlichen Ersatz-Kommission (§. 23, 3) — verfügt werden.
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