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V. Wenn der Empfänger seinen Aufenthaltsort verändert hat, so werden demselben die für ihn
eingehenden Telegramme an den neuen Aufenthaltsort nachtelegraphirt, auch ohne daß dies ausdrücklich ver-
langt worden ist, sofern dieser neue Aufenthaltsort des Empfängers unzweifelhaft bekannt ist, und sich da-
selbst eine Reichs-Telegraphenanstalt befindet (vergl. §. 15).
§. 22.
Bestellung der Telegramme bei der Bestimmungsanstalt.
I. Die Bestimmungsanstalt sendet die eingegangenen Telegramme ohne Aufenthalt nach der Woh-
nung des Empfängers, bz. nach dem in der Aufschrift bezeichneten Ort, oder nach der Post.
II. Staats-, sowie Dienst= und dringende Privattelegramme werden mit Vorrang vor anderen Tele-
grammen bestellt.
III. Zur Vollziehung des Empfangsscheines über ein an eine Behörde oder deren Vorstand gerichtetes
Staatstelegramm kann, wenn nicht eine besondere schriftliche Verfügung darüber getroffen ist, nur der Vor-
stand der betreffenden Behörde, oder, in dessen Abwesenheit, sein Stellvertreter als berechtigt angesehen werden.
IV. Privattelegramme, sowie dienstliche Telegramme, welche nicht an eine Behörde oder deren Vor-
stand gerichtet sind, können in der Wohnung des Empfängers an diesen selbst, an ein erwachsenes Mitglied
seiner Familie, an einen Geschäftsgehülfen, einen Dienstboten, den Gast= oder Hauswirth oder den Portier
des Gasthofes bz. des Hauses abgegeben werden, insofern der Empfänger für derartige Fälle nicht einen
besonderen Bevollmächtigten der Anstalt schriftlich namhaft gemacht, oder der Aufgeber die eigenhändige
Bestellung in der Aufschrift des Telegramms nicht verlangt hat.
V. Sofern Privatbriefkasten oder Einwürfe sich an der Thür rc. der Wohnung des Empfängers
befinden, können die Telegramme, für welche Empfangsscheine nicht ausgestellt sind, in jene Briefkasten rc.
gesteckt werden. Telegramme, welche den Vermerk „eigenhändig“ tragen, sind jedoch stets an den Empfänger
selbst zu bestellen; Telegramme, welche die Bezeichnung „bahnhoflagernd“ tragen, werden an den Bahnhofs=
vorsteher oder dessen Stellvertreter abgegeben.
VI. Die an Reisende nach einem Gasthof gerichteten Telegramme werden, wenn der Empfänger
noch nicht eingetroffen ist, an den Wirth 2c. des Gasthofes mit dem Ersuchen abgegeben, das Telegramm
vorläufig in Verwahrung zu nehmen, bz. dasselbe dem Empfänger bei seinem Eintreffen auszuhändigen.
Am Tage nach der erfolgten Uebergabe eines solchen Telegramms wird dasselbe, wenn die Uebergabe an
den Empfänger inzwischen nicht hat bewirkt werden können, durch einen Boten gegen Hinterlassung eines
Benachrichtigungszettels wieder abgeholt und zur Verkehrsanstalt zurückgebracht. Diese erläßt nunmehr die
Unbestellbarkeitsmeldung an die Aufgabeanstalt; im übrigen wird das Telegramm wie alle übrigen unbestell-
baren Telegramme behandelt.
VII. Ist weder der Empfänger noch sonst jemand aufzufinden, der das Telegramm annimmt, so
hat der Bote, wenn es sich um ein Telegramm handelt, für welches ein Empfangsschein ausgefertigt ist, oder
wenn sich für die Bestellung eines Telegramms ohne Empfangsschein ein Privatbriefkasten oder ein anderer
Weg der Bestellung nicht darbietet, einen Benachrichtigungszettel in der Wohnung 2c. des Empfängers zurück-
zulassen bz. an die Eingangsthür anzuheften, das Telegramm selbst aber zur Anstalt zurückzubringen. Mit
den Telegrammen, welche mit einem Vermerk wegen der eigenhändigen Bestellung versehen sind, ist in gleicher
Weise zu verfahren, wenn der bezeichnete Empfänger selbst nicht angetroffen wird.
VIII. Wenn der Bote bei der Bestellung von Telegrammen mit Empfangsscheinen den Empfänger
nicht selbst antrifft und das Telegramm einem anderen aushändigt, hat der letztere in dem Empfangsschein
seiner eigenen Unterschrift das Wort „für" und den Namen des Empfängers beizufügen.
IX. Dem Boten ist die Annahme von Geschenken untersagt.
§. 23.
Unbestellbare Telegramme.
I. Von der Unbestellbarkeit eines Telegramms und den Gründen der Unbestellbarkeit wird der Auf-
gabeanstalt telegraphisch Meldung gemacht. Liegt für die Unbestellbarkeit eines Telegramms ein Grund vor,
welcher nicht ohne weiteres aus dienstlicher Veranlassung beseitigt werden kann und muß, und ist der Ab-
sender des unbestellbaren Telegramms aus der Unterschrift oder auf andere Weise mit genügender Sicherheit
bekannt: dann wird die Unbestellbarkeitsmeldung diesem gegen Bezahlung einer Gebühr von 30 Pfennig
übermittelt. Der Aufgeber kann die Aufschrift des unbestellbar gemeldeten Telegramms nur durch ein be-
zahltes Telegramm vervollständigen, berichtigen oder bestätigen. ·