Filtration.
— 270 —
Bei der Verwendung des Farbenapparats setzt man der Zuckerlösung als Klärmittel, je
nach der Art des zu untersuchenden Zuckers und der Lichtintensität der zum Apparate gehörigen
Lampe, 10 bis 20 Tropfen oder, wenn nöthig, noch mehr Bleiessig vermittelst einer Heberspritzflasche
oder einer kleinen Pipette zu. Gelingt die Klärung in dieser Weise nicht, so läßt man dem Blei-
essiggzusatz den Zusatz von ebensoviel Alaunlösung folgen oder setzt zuerst einen oder mehrere Kubik-
centimeter Alaunlösung und darauf eine größere Menge Bleiessig als zuvor hinzu, bis ein Filtrat
von weißlicher oder gelbweißer Farbe erzielt wird. Werden die Lösungen bei der Anwendung der
bisher angegebenen Methoden nicht klar, so wird nur mit Bleiessig geklärt und das Filtrat mit
möglichst wenig (1 bis höchstens 3 g) extrahirter Blutkohle*) oder bei 120° getrockneter Knochen-
kohle versetzt. Eintretendenfalls ist das Polarisationsergebniß um den Betrag des Absorptions-
koeffizienten zu erhöhen, welchen man sich beim Bezuge der Kohle angeben lassen muß.
Bei der Benutzung eines Halbschattenapparats wird in der Regel der Zufatz von 3 bis
5 cem eines dünnen Breies von Thonerdehydrat nebst wenig Bleiessig genügen. Nur wenn die
Zuckerlösung sehr dunkel gefärbt ist, wendet man dieselben Klärungsmethoden an, wie bei dem
Farbenapparate. Bis zur Verwendung von Blut= oder Knochenkohle wird man beim Halbschatten-
apparate kaum zu gehen brauchen, da in diesem noch ziemlich dunkle Zuckerlösungen polarisirt
werden können.
Nach der Klärung wird der innere Theil des Halses des Kölbchens mit destillirtem Wasser,
welches einer Heberspritzflasche oder einer gewöhnlichen Spritzflasche entnommen wird, abgespült und
die Lösung in der oben angegebenen Weise bis zur 100 cem-Marke aufgefüllt. Hierauf wird die
im Halse des Kölbchens etwa noch anhaftende Flüssigkeit mit Fließpapier abgetupft, die Oeffnung
des Kölbchens durch Andrücken eines Fingers geschlossen und der Inhalt durch wiederholtes Um-
kehren und Schütteln des Kolbens gut durchgemischt.
Bezüglich der Klärung gelten folgende allgemeine Bemerkungen für beide Apparate:
1. Die Flüssigkeit braucht um so weniger entfärbt zu sein, je größer die Lichtintensität der
Lampe ist, welche zur Beleuchtung des Polarisationsapparats dient. Man bedient sich
einer Petroleum-, Gas-, Gasglühücht= oder elektrischen Lampe, welche zu dem vorliegenden
Zweck zugerichtet ist. Für Halbschattenapparate ist es nothwendig, durch Einschaltung
einer Chromsäureplatte oder Chromsäurelösung, welche dem Apparat beigegeben wird,
das Licht von anderen als gelben Strahlen zu befreien. Bei Verwendung von Gas-
glühlicht ist diese Einschaltung stets erforderlich.
2. Bei Anwendung von Bleiessig zur Klärung darf derselbe nie in allzugroßem Ueberschusse
zugesetzt werden. Bei einiger Uebung lernt man sehr bald erkennen, wann mit dem
Bleiessigzusatz aufgehört werden muß. Ist zuviel Bleiessig zugesetzt worden, so muß der
leberschuß durch Zusatz von Alaun in der oben beschriebenen Weise wieder ausgefällt
werden. .
3. Die Wirkung des Klärmittels ist um so besser, je kräftiger die Flüssigkeit nach dem Auf-
füllen zur Marke durchgeschüttelt wird.
Man schreitet alsdann zur Filtration der Flüssigkeit, welche mittelst eines in einen Glas-
trichter eingesetzten Papierfilters geschieht. Der Trichter wird auf einen sogenannten Filtrircylinder,
welcher die Flüssigkeit aufnimmt, gesetzt und während der Operation, um Verdunstung zu verhüten,
mit einer Glasplatte oder einem Uhrglase bedeckt gehalten. Trichter und Cylinder müssen ganz
tochen sein; ein Feuchtigkeitsgehalt derselben würde eine nachträgliche Verdünnung der 100 cem
ewirken.
Zweckmäßig wird das Filter so groß hergestellt, daß man die 100 cem Flüssigkeit auf
einmal aufgeben kann; auch empfiehlt es sich, falls das Papier nicht sehr dick ist, ein doppeltes
Filter anzuwenden. Die ersten durchlaufenden Tropfen werden weggegossen, weil sie trübe sind und
durch den Feuchtigkeitsgehalt des Filtrirpapiers beeinflußt sein können. Ist das nachfolgende Filtrat
trübe, so muß es auf das Filter zurückgegossen werden, bis die Flüssigkeit klar durchläuft. Es ist
dringend nothwendig, diese Vorsichtsmaßregel nicht zu verabsäumen, da nur mit ganz klaren Flüssig-
keiten sich sichere polarimetrische Beobachtungen anstellen lassen.
*) Von R. Flemming in Kalk bei Köln a. Rhein zu beziehen.