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Der Reichskanzler ist berechtigt, diese Prüfung während der Vertragsdauer jederzeit wiederholen
zu lassen und auf Grund des Ergebnisses der Prüfung ein Schiff für ungeeignet zu erklären. In letzterem
Falle ist der Unternehmer verpflichtet, binnen der ihm gestellten Frist das betreffende Schiff zurückzuziehen
und für einen geeigneten Ersatz nach Maßgabe der im Artikel 16 getroffenen Festsetzungen zu sorgen.
Kommt der Unternehmer dieser Verpflichtung nicht nach, so hat derselbe für jeden Tag der verspäteten
Einstellung eines geeigneten Schiffes eine Strafe von 400 (vierhundert) Mark zu zahlen.
Die in Deutschland und den betreffenden ausländischen Häfen geltenden gesetzlichen Bestimmungen
über die amtlichen Besichtigungen 2c. der zur Personenbeförderung dienenden Dampfschiffe hat der Unter-
nehmer unter eigener Verantwortlichkeit und auf seine Kosten zu erfüllen.
Artikel 16.
Im Falle ein auf den Vertragslinien verwendetes Schiff in Verlust geräth, hat der Unternehmer
einen neuen Dampfer zu beschaffen und bis zu dessen Fertigstellung für den ungestörten Fortgang des
Dienstes Sorge zu tragen. Vorübergehend können in solchem Falle sowie bis zur Fertigstellung der nac
Artikel 10 neu zu erbauenden Schiffe an Stelle der letzteren mit Genehmigung des Reichskanzlers auck
Schiffe eingestellt werden, welche nicht allen vertragsmäßigen Bedingungen entsprechen.
Zum Ersatz eines in Verlust gerathenen Schiffes durch einen allen Bedingungen Genüge leistenden
neuen Dampfer wird eine Frist von 20 Monaten gewährt. Erfolgt der Ersatz in dieser Zeit nicht, so
hat der Unternehmer eine Strafe von 400 (vierhundert) Mark für jeden Tag der verspäteten Einstellung
des Schiffes zu zahlen.
Artikel 17.
Im Falle einer theilweisen oder vollständigen Mobilmachung der Marine steht es dem Reichs-
kanzler frei, die auf den Linien verwendeten Dampfer gegen Erstattung des vollen Werthes anzukaufen
oder gegen Vergütung sonst in Anspruch zu nehmen. Die Ermittelung des Werthes, beziehungsweise die
Feststellung der Vergütung erfolgt in Gemäßheit der Bestimmungen im §. 24 (beziehungsweise 8. 23) des
Gesetzes über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873.
Ein Verkauf oder eine miethsweise Ueberlassung der Dampfer an eine fremde Macht darf ohne
Genehmigung des Reichskanzlers nicht stattfinden.
Artikel 18.
Die Dampfer lühre die deutsche Postflagge nach Maßgabe der über die Führung derselben
durch derartige Schiffe bestehenden Allerhöchsten Bestimmungen und befördern die Post nebst den etwaigen
Begleitern ohne besondere Bezahlung. Letztere sind auch unentgeltlich zu verpflegen, und zwar Beamte
wie Reisende I. Klasse und Unterbeamte wie Reisende II. Klasse. Jedem Postbegleiter ist ein besonderes
Zimmer mit angemessener Ausstattung zur Benutzung zu überweisen.
Unter Post sind alle Briefbeutel, Zeitungssäcke, Werthsendungen und Postpackete zu verstehen,
welche den Dampfern von der deutschen Reichs-Postverwaltung oder von den in Betracht kommenden
ausländischen Postverwaltungen zur Beförderung übergeben werden.
Alle aus dem Postbeförderungsdienste herrührenden Einnahmen bezieht das Reich.
Werden die Dampfer von Postbeamten nicht begleitet, so ist die Post seitens des Schiffsführers
am Anfangspunkte der Fahrt und an den Unterwegsorten gegen Quittung zu übernehmen und in einem
eigens zu diesem Zwecke hergerichteten, gegen Nässe, Feuersgefahr und sonstige Beschädigung geschützten
und gehörig gesicherten Raume während der Fahrt unter Verschluß aufzubewahren. Ingleichen hat der
Schiffsführer in dem bezeichneten Falle die Verpflichtung, die übernommenen Postsachen an den be-
treffenden Unterwegsorten beziehungsweise am Endpunkte der Fahrt an die zur Empfangnahme derselben
berechtigten Personen abzuliefern.
Die Uebernahme und die Ablieferung der Postsachen hat unter Beachtung der in dieser Beziehung
von der Reichs-Postverwaltung ertheilten Vorschriften zu erfolgen. Findet eine Begleitung der Post durch
Postbeamte statt, so ist den Beamten außer dem erwähnten Aufbewahrungsraum ein geeigneter, den
Anforderungen der Reichs-Postverwaltung entsprechender heller Raum zur Bearbeitung der Post während
der Fahrt postdienstmäßig einzurichten und zur Verfügung zu stellen; die Erleuchtung, Heizung und
Reinigung dieses Raumes hat der Unternehmer auf seine Kosten bewirken zu lassen. Die Uebernahme
und Ablieferung der Postsachen liegt in diesem Falle den Postbeamten ob. Jedoch ist der Unternehmer ver-
pflichtet, auf Verlangen der Postbeamten die zur Beförderung der Postsäcke zwischen dem Postdienstraum
und dem Aufbewahrungsraum u. s. w. erforderliche Hülfe durch die Schiffsmannschaft zu gewähren.