658 Fünftes Buch. $ 226.
Reiche steht ein Recht der Kontrolle über die Einhaltung des
reichsgesetzlichen Verfahrens zu. Diese wird durch Beamte aus-
geübt, welche der Kaiser nach Vernehmung des Bundesratsausschusses
für Zollwesen bestellt. Sie sind teils den Zoll- und Steuerämtern,
teils den Direktivbehörden der einzelnen Bundesstaaten beigeordnet;
die den ersteren beigeordneten Beamten führen den Titel Stations-
kontrolleure, die den letzteren beigeordneten den Titel Reichsbevoll-
mächtigte für Zölle und Steuern. Nach der Reichsverfassung sollen
die betreffenden Beamten Reichsbeamte sein; tatsächlich werden
bisher Beamie der Einzelstaaten verwendet, die zu diesem Zweck
kommissarisch in den Reichsdienst übernommen werden. Den kon-
trollierenden Zollbeamten steht keinerlei zwingende Amtsgewalt,
sondern nur die Befugnis zu, von dem Verfahren der Landesbehörden
Kenntnis zu nehmen. Über die von ihnen zur Anzeige gebrachten
Mängel entscheidet der Bundesrat !!.
Eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Erhebung der Zölle
Sache der Einzelstaaten ist, bildeten zeitweilig die kaiserlichen
Hauptzollämter in den Hansestädten, welche den Charakter von
Reichsbehörden hatten. Sie sind später aufgehoben worden und
die Zollverwaltung ist in allen Hansestädten auf die Landesregierungen
übergegangen.
Die Gerichtsbarkeit in Zollsachen ist kein Bestandteil
der Zollverwaltung. Sie steht daher nicht bloß den Staaten, die eine
eigene Zollverwaltung besitzen, sondern jedem Bundesstaat innerhalb
seines Gebietes zu. Demgemäß bleibt auch das Begnadigungs- und
Strafumwandlungsrecht jedem Bundesstaate in bezug auf die von
seinen Gerichten erkannten Strafen vorbehalten !?,
3. Der Ertrag der Zölle fließt nicht in die Kasse der Einzel-
staaten, sondern in die des Reiches. Die Erhebung geschieht also
zwar durch, aber nicht für die Einzelstaaten, letztere haben die
erhobenen Beträge an das Reich abzuliefern *. Die Pflicht zur Ab-
lieferung umfaßt alle Beträge, welche die Einzelstaaten reichsgesetzlich
zu erheben verpflichtet waren. Die auf Gesetzen oder allgemeinen
Verwaltungsvorschriften beruhenden Steuervergütungen und Ermäßi-
gungen, sowie die Rückerstattungen für unrichtige Erhebungen sind
daher bei Feststellung des abzuliefernden Betrages in Abrechnung zu
bringen '*. Dagegen fallen Zollbegünstigungen, die nicht auf einer
vom Reiche ausgegangenen Vorschrift beruhen, sondern von den
Einzelstaaten auf Grund der ihnen zustehenden Befugnisse bewilligt
sind !®, sowie Verluste, die durch die Dienstuntreue von Beamten
herbeigeführt werden !%, den betreffenden Staatskassen zur Last.
ıı R.Verf. Art. 36; v. Aufseß S. 420; Laband 4, 427.
» ZzV. Vertr. vom 8. Juli 1867 Art. 18. R.G., betr. die Sicherung der
Zollvereinsgrenze in den vom Zollgebiet ausgeschlossenen hamburgischen Ge-
bietsteilen vom 1. Juli 1869 Art. 15. :
13 R.Verf. Art. 38.
14 R.Verf. Art. 38.
16 Z.V. Vertr. vom 8.'Juli 1867 Art. 13, 15. Vgl. unten $ 284, N. 1719.
18 Z,V. Vertr. vom 8. Juli 1867 Art. 16.