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85.
Das Staatsministerium ist ermächtigt, die in den §# 1 bis 4 des gegen-
wärtigen Gesetzes enthaltenen Bestimmungen über die Anzeigepflicht für einzelne
Teile oder den ganzen Umfang der Monarchie auch auf andere übertragbare
Krankheiten vorübergehend auszudehnen, wenn und solange dieselben in epidemischer
Verbreitung auftreten.
Zweiter Abschnitt.
Ermittelung der Krankheik.
§6.
Auf Erkrankungen, Verdacht der Erkrankungen und Todesfälle an
Kindbettfieber,
Typhus (Unterleibstyphus),
sowie auf Erkrankungen und Todesfälle an
Genickstarre, übertragbarer,
Rückfallfieber,
Ruhr, übertragbarer,
Milzbrand,
Not
Tollwut, Bißverletzungen durch tolle oder der Tollwut verdächtige Tiere,
Fleisch-, Fisch= und Wurstvergiftung,
Trichinose
finden die in den §§ 6 bis 10 des Reichsgesetzes, betreffend die Bekämpfung
gemeingefährlicher Krankheiten, enthaltenen Bestimmungen über die Ermittelung
der Krankheit entsprechende Anwendung. Befindet sich jedoch der Kranke in
ärztlicher Behandlung, so ist dem beamteten Arzte der Zutritt untersagt, wenn
der behandelnde Arzt erklärt, daß von dem Lutritte des beamteten Arztes eine
Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens des Kranken zu befürchten ist. Vor
dem Zutritte des beamteten Arztes ist dem behandelnden Arzte Gelegenheit zu
dieser Erklärung zu geben.
Außerdem ist bei Kindbettfieber oder Verdacht desselben dem beamteten
Arzte der Zutritt nur mit Zustimmung des Haushaltungsvorstandes gestattet.
Auch kann bei Typhus= oder Rotzverdacht eine Offnung der Leiche polizeilich
angeordnet werden, insoweit der beamtete Arzt dies zur Feststellung der Krankheit
für erforderlich hält.
Bei Diphtherie, Körnerkrankheit und Scharlach hat die Ortspolizeibehörde
nur die ersten Fälle ärztlich feststellen z4 lassen und dies auch nur dann, wenn
sie nicht von einem Arzte angezeigt sind.
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