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I.
Merkmale der Krankheit.
Die Asiatische Cholera läßt sich an folgenden wesentlichen Krankheitszufällen erkennen:
plötlich eintretende Mattigkeit, Angstgefühl, besonders in der Herzgrube, eine eigene
drückende, brennende, schmerzhafte Empfindung in dieser Gegend, Schwindel, Blässe der
Hautfarbe überhaupt, vorzüglich auch des Gesichtes und Entstellung desselben, Erlöschen
des Glanzes der Augen, ein fremdartiger Blick, Kälte der Oberfläche des Körpers,
Kollern im Unterleibe, Uebelkeit, Entleerung einer reichlichen Menge weißlicher oder weiß-
grauer, wässeriger Flüssigkeiten durch Erbrechen und Stuhlgang, verbunden mit unaus-
löschlichem Durst, schwachem, kleinen, endlich unfühlbaren Puls, Krämpfe in den Glied-
maaßen, besonders in den Waden, zuweilen auch über den ganzen Körper.
Doch hüte man sich eine Krankheit, bei dem Vorkommen einzelner Kennzeichen, sofort
für die Asiatische Cholera zu halten. Es giebt mehrere Krankheiten, bei denen dergleichen
Zufälle einzeln vorkommen, die aber von der Asiatischen Cholera ihrem Wesen nach ganz
verschieden und auch in unsern Ländern schon längst einheimisch sind. Es gehört dahin
die gewöhnliche Cholera oder Brechruhr, welche besonders im Sommer und Herbst so
häufig bei uns vorkommt, die rheumatischen Magen= und Darmentzundungen. Selbst
leichtere, durch Erkältung oder andere Diätfehler herbeigeführte Unterleibs-Beschwerden,
sind oft mit einzelnen der oben beschriebenen Zufällen namentlich mit Erbrechen und Durch-
fall verbunden. Nur das Zusammenseyn der oben angeführten Krankheitszufälle macht
die Asiatische Cholera bemerklich und nur ein vorsichtiger Arzt kann sie erkennen.
Im Uebrigen muß es zur Beruhigung gereichen, daß die Asiatische Cholera während
ihres Vorwärtsschreitens bereits einen milderen Charakter angenommen hat, daß sie na-
mentlich in Gegenden, wo eine gesunde Luft weht, und die nicht sumpfig sind, wo Rein-
lichkeit herrscht, und die Einwohner mäßig leben, weniger verheerend zu seyn scheint, daß
sie überhaupt eine eigne Empfänglichkeit für das Ansteckungsgift ersordere und daß sie
daher von den Bewohnern eines Ortes nur wenige befällt. In Mocskau z. B. wurden
von Ein Hundert Einwohnern nur Drei ergriffen, und in Warschau war das Verhältniß
noch günstiger. Von den Erkrankten starben im Durchschnitt nur die Hälfte. Auch dient
es zur Beruhigung, daß die Empfänglichkeit für diese Krankheit durch eine zweckmäßige
Lebensordnung gemindert oder auch ganz beseitigt und die Hartnäckigkeit der Krankheit
gemäßigt werden kann. u
Verhaltungsregeln, welche vor dem Ausbruche einer Cholera-Epidemie, von den
Bewohnern bedrohter Länder zu beobachten sind.
1.) Man vermeide die Orte, an denen sich Sumpfausdünstungen entwickeln, oder wo
die Luft auf eine andere Art verunreinigt ist.
2.) So viel wie möglich sind hochgelegene, trockene Wohnungen zu wählen, und ist
der Aufenthalt in feuchten Gewölben oder Stuben nicht zu vermeiden, so trockne und
erwärme man sie, besonders bei naßkalter Witterung; wozu kleine Windöfen benutzt
werden können, wo andere Oefen nicht anzubringen sind. «
3.) Der Aufenthalt in einer gleichmäßigen Temperatur, und Vermeidung der Erkäl-
tung ist überhaupt zu empfehlen. Bei sehr auffallendem Temperaturwechsel der Luft,