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3. Wird aber die Zurückstellung oder Befreiung eines Militärpflichtigen vom Dienste
in Antrag gebracht, weil dieser als die einzige Stütze seiner Eltern oder Angehörigen zu be—
trachten ist, indem ein anderer zur Unterstützung derselben Verpflichteter sich dieser Pflicht
entzieht oder entzogen hat, durch ein Verziehen nach anderen Orten, durch Auswanderung oder
auf irgend eine andere Weise, so ist der Antrag auf Zurückstellung oder Befreiung des Ersteren
vom Militärdienste in der Regel als begründet nicht zu betrachten und dieß ganz besonders in
dem Falle, wenn jener andere zur Unterstützung der Eltern Verpflichtete etwa selbst zu diesem
Behufe früher schon von der Militär-Dienstpflicht entbunden sein sollte.
Auch kann in der Regel daraus ein Reclamationsgrund nicht hergeleitet werden, daß ein
zur Unterstützung Verpflichteter dieser Verpflichtung nur unter besonderen Opfern nachkommen
kann, indem er z. B. sein lohnendes Gewerbe zeitweise aufgiebt, um dem arbeitsunfähigen
Vater unmittelbar hülfreiche Hand zu leisten.
Hat ein anderer Sohn hülfsbedürftiger Eltern 2c., welcher beim Eintritte des Bruders in
das militärpflichtige Alter das 30. Lebensjahr noch nicht erreicht hat, vor dieser Zeit einen
eigenen Hausstand begründet und sich dadurch ver Gelegenheit zur Unterstützung der Eltern 2c.
begeben, so darf hieraus ein Grund zur Berücksichtigung des jüngeren Bruders in der Regel
nicht hergeleitet werden.
4. Individuen, welche aus irgend welchen Reclamationsgründen berücksichtigt worden
sind, den Zweck der ihnen gewährten Zurückstellung, bez. Befreiung vom Dienste, event. den
Zweck ihrer Entlassung aus dem Dienste vor beendeter Dienstzeit (§+ 50) aber nicht erfüllen,
sinr, wenn sie sich innerhalb der ersten fünf Jahre ihres dienstpflichtigen Alters befinden, so-
gleich zur Ableistung ihrer vollen Militär-Dienstpflicht beranzuziehen, auch wenn sie bereits
der Reserve oder Ersatz-Reserve überwiesen sein sollten. Zu einer derartigen nachträglichen
Heranziehung ist die Genehmigung der Ersatz Behörden dritter Instanz erforderlich.
Die Ersatz-Behörden haben die zur strengen Aufrechthaltung dieser Bestimmungen noth-
wendigen Control-Maßregeln anznordnen und die Militärpflichtigen bei Genehmigung der
Reclamation auf die vorstehende Vorschrift hinzuweisen.)
5. Handelt es sich darum, daß zwei arbeitsfähige Söhne einer Familie von derselben
nicht gleichzeitig entbehrt werden können, so ist nicht der eine vom Mililärdienste gänzlich zu
befreien und der andere zur Ableistung seiner vollen Dienstpflicht anzuhalten, sondern es ist
nur der eine zurückzustellen, bis der andere als ausgebildet mit der Waffe vom Truppentheile
entlassen werden kann. In derartigen Fällen darf jedoch die Zurückstellung des zweiten Sohnes
höchstens bis zum dritten Concurrenzjahre stattfinden.
*) Die in diesem Passus enthaltenen Bestimmungen finden keine Auwendung auf Militärpflichge, welche
ihre Unterstützungspflichten bis dahin erfüllt haben, derselben aber durch Tod der zu unterstützenden An-
gehörigen, durch Heranwachsen eines jüngeren Bruders 2c. überhoben werden.