Zweiter Teil.
Die Funktionen des Staates.
I. Die Gesetzgebung.
8 32.
I. Die heutige Staatsrechtswissenschaft scheidet
zwischen Gesetzen im materiellen und Gesetzen im for-
mellen Sinne: Gesetze im materiellen Sinne sind die von
der Staatsgewalt getroffenen allgemeinen Rechtsvor-
schriften, Gesetze im formellen Sinne sind Anordnungen,
welche von den gesetzgebenden Organen ausgehen und
in den Formen der Gesetze zustande kommen (Neyer-
Anschütz, a. a. O., S. 549 ff.).
Auch das Grundgesetz vom 29. April 1831 kennt
schon diesen Unterschied: in $ 199 ff. (s. insbesondere die
Überschrift zu $ 201!), spricht es von der Mitwirkung der
Landstände bei der Gesetzgebung und Verwaltung und
hebt insbesondere hervor, daß die Festsetzung des Haus-
haltsplanes das Einverständnis der Staatsregierung und
der Landschaft erfordert ($ 203). In bezug auf die Ge-
setze im materiellen Sinne macht aber das Grundgesetz
einen weiteren Unterschied. Es scheidet nämlich zwischen
solchen Gesetzen, zu deren Zustandekommen die Zu-
stimmung des Landtages erforderlich ist, und solchen
Gesetzen, bei denen es einer solchen Zustimmung nicht
bedarf. Die Zustimmung ist erforderlich bei allgemeinen
Gesetzen, welche die Freiheit der Personen oder das
Eigentum aller Staatsangehörigen betreffen. Ihnen sind