Full text: Der neue Kurs.

auf ihn und seine vertrautesten Gehilfen geschossen wurde, noch von 
Gutgläubigkeit zu reden. Daß er meiner Meinung schließlich doch 
traute, war dem damaligen ersten Vertreter der Kölnischen Zeitung 
in Berlin, Justizrat Fischer, zu verdanken, der gleichfalls für die 
bona fides der Leute vom Kladderadatsch eintrat. 
Fischers Wort galt viel bei Holstein. Fischer kam täglich 
um die Mittagsstunde zu ihm, erzählte dem schon damals ganz 
zurückgezogen Lebenden, was er Neues in seinem ausgedehnten Ver— 
kehr mit Parlamentariern oder bei Gastereien fremder Diplomaten 
und Berliner Finanzgrößen erfahren, las Akten durch, die ihm Hol- 
stein zurechtgelegt hatte, und nahm seine Wünsche für die Behand- 
lung dieser oder jener politischen Tagesfrage in seiner Zeitung 
entgegen. Fischer kannte die überaus mißtrauische Natur Holsteins 
ganz genau und war aufrichtig bestrebt, zu verhindern, daß sie ab- 
irre. Wie leicht es war, dennoch Unheil anzurichten, dafür ein 
Beispiel aus einer späteren Zeit: Fischer erzählte Holstein in meinem 
Beisein, daß er den Grafen Herbert Bismarck auf der Straße ge- 
sehen hätte. Herr Soundso, einer meiner Hilfsarbeiter im Amte, 
wäre an dem Grafen vorbeigegangen und hätte ihn höflich gegrüßt. 
Für den tadellosen Beamten, der seinen früheren Staatssekretär 
grüßt, war Holstein in der nächsten Zeit nicht mehr zu sprechen, bis 
ich mich eindringlich dafür verbürgte, daß an eine geheime Ver- 
bindung meines Mitarbeiters mit dem Grafen Herbert wirklich nicht 
zu denken sei. 
Stand es nun aber mit Trojan und Genossen so, wie auch 
Fischer meinte, so mußte ihr guter Glaube mißbraucht worden sein, 
und es fragte sich, ob etwa eine persönliche Einwirkung auf Trojan 
dem Feldzug ein Ende machen könnte. Das einfachste wäre der 
Gang zum RNichter gewesen. Aber ein Witzblatt zu verklagen, gar 
ein allgemein beliebtes, ist eine mißliche Sache, und im vorliegen- 
den Falle, in dem doch die richtige Beurteilung des Werts einer ganzen 
Anzahl diplomatischer Persönlichkeiten in Frage stand, wäre auch 
bei Ausbreitung der Akten vor der Offentlichkeit ein voller Gegen- 
beweis gegen die behauptete Cliquenwirtschaft, d. h. ein durchschlagen- 
der Erfolg schwerlich zu erzielen gewesen. Deshalb war der Staats- 
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