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Bestimmung in $ 13 reformbedürftig. Es heißt nämlich: be-
sondere Verhältnisse „können“ berücksichtigt werden. Es
handelt sich also hier wie bei der analogen Vorschrift
des preußischen Einkommensteuergesetzes!) nicht um eine
Zwangsbestimmung, nach welcher der Steuerpflichtige unter
bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf
Steuerermäßigung hat, sondern um eine von dem subjektiven
Ermessen oder gar vom freien Belieben der Veranlagungsbe-
hörden abhängige Rechtswohltat. Der richtige Grundgedanke
jener Bestimmung, nämlich die Idee der Staatsbelastung nach
der Steuerfähigkeit, gelangt durch die fakultative Fassung der-
selben schlecht zur Durchführung. Die Folge hiervon aber wird
eine ungleichmäßige Handhabung des Gesetzes nach dieser
Richtung hin sein. Daher muß es im Interesse einer gerechten
Steuerpolitik liegen, jene Gesetzesvorschrift in dem Sinne zu
ändern, daß den Beitragspflichtigen unter scharf abgegrenzten
Voraussetzungen ein Anspruch auf Steuerermäßigung zusteht,
um damit der Willkür der Steuerbehörden nach dieser Seite
hin eine Schranke zu ziehen.
Es wäre aber hier schon damit viel getan, wenn die Steuer-
untergrenze von 400 M. auf etwa 800 M. erhöht würde, da
natürlich in den unteren Volksklassen wegen ungünstiger wirt-
schaftlicher Verhältnisse das Bedürfnis nach Steuerermäßigung
am stärksten vorhanden ist und diese Klassen hiernach bei der
eventuellen Anwendung der in Rede stehenden Vorschrift von
vornherein nicht in Frage kämen. Hierzu kommt noch, daß
dann, da ungefähr die Hälfte aller Zensiten fortfielen, die Ver-
anlagungsbehörden viel leichter in der Lage wären, die zu
berücksichtigenden Ausgabenverhältnisse der einzelnen Bei-
tragspflichtigen wegen Steuerermäßigung mit der nötigen Sorg-
falt zu prüfen. —
Und nun sei endlich noch zu jener Bestimmung bezüglich
des Abzugs von 50 M. vom Reineinkommen für jedes Kind
zwischen 6 und 14 Jahren Stellung genommen!
. Daß diese Bestimmung sehr mangelhaft ist, wird kaum
Jemand bezweifeln, der anerkennt, daß das höchste Ziel ge-
rechter Besteuerung darin besteht, die im öffentlichen Interesse
aufzuerlegenden Lasten unter Schutz des wohlerworbenen
Eigentums tunlichst auszugleichen, d. h. niemand ungerecht
höhere Opfer zuzumuten als anderen. Es liegt ja auf der Hand,
daß ein Steuerpflichtiger, der z. B. 4 unter sechsjährige Kinder
zu erziehen und erhalten hat, von viel geringerer Steuerfähig-
keit sein muß als ein anderer, der unter sonst gleichen Ver-
ist 1) In $ 19 des preußischen Gesetzes heißt es: „Bei der Veranlagung
ıst es gestattet“ usw. S. über diese Bestimmung namentlich die lehr-
in Ausführungen Fuistings, Die Einkommensbesteuerung der Zukunft,