Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

528 F. Dochow. 
bewegungen oder Verteidigungsmittel untersagt werden (PrG. § 15). Die Verbreitung einer 
im Auslande erscheinenden periodischen Druchshrift kann bis zu zwei Jahren verboten werden, 
wenn binnen Jahresfrist eine Verurteilung wegen strafbaren Inhalts auf Grund der 88 41 
und 42 RStrGB. erfolgt ist (PrG. 8 14). 
Die Beschlagnahme einer Druchschrift kann auch ohne richterliche Anordnung erfolgen, 
wenn sie den an sie gestellten Anforderungen (Name und Wohnort des Druckers usw., PrG. 
g85 6 und 7) nicht entspricht, wenn sie gegen das Verbot des Reichskanzlers Mitteilungen über 
Truppenbewegungen veröffentlicht (PrG. § 15), zu Hochverrat oder Moajestätsbeleidigung auf- 
fordert, unzüchtige Schriften usw. verbreitet, ankündigt oder anpreist (RStrGB. § 184), wenn 
sie — hier ersolgt die Beschlagnahme aber nur im Falle dringender Gefahr — zu einer straf- 
baren Handlung auffordert oder zum Klassenkampfe anreizt. Die nicht richterliche Beschlag- 
nahme kann durch die Staatsanwaltschaft oder durch die Polizeibehörde erfolgen, ihre Be- 
stätigung oder Aufhebung hat durch das zuständige Gericht zu erfolgen. Die nicht richterliche 
Beschlagnahme ist auch gegenüber verbotenen ausländischen Drucklschriften zulässig. 
In seinen wesentlichen Bestimmungen gilt das PrG. auch in Elsaß-Lothringen (aus- 
genommen sind die §§ 14, 23—29 und 31). Das Gesetz über die Presse vom 8. August 1898 
(* 2) bestimmt für Elsaß-Lothringen, daß die Verbreitung einer außerhalb des Reichsgebietes 
herausgegebenen Druckschrift oder einzelner Teile durch das Ministerium verboten werden kann. 
Literatur: Meyer-Dochow, Deutsches Verwaltungsrecht“ S. 147 (Literatur 
daselbst Anm. 1); Loenin ß „Deutsches Verwaltungsrecht 1884 S. 278; Jolly, Art. Preß- 
gewerbe, Preßpolizei, Wörterb. d. deutsch. Verwaltungsrechts 2, 300; Rehm, Art. Preßgewerbe 
und Preßrecht, Handwörterb. d. Staatsw. 2 6, 1193. — Berner, Lehrbuch d. deutschen Preß- 
rechts 1876; v. Lis zt, Das deutsche Reichs-Preßrecht 1880; Kloeppel, Reichspreßrecht 
1894. — Von den Kommentaren zum Preßgesetz sind namentlich zu nennen: Galli in Stengleins. 
strafrechtlichen Nebengesetzen (1911)4 1, 295; v. Schwarze-Appelius (1903)“. 
4. Belagerungszustand. 
5. Die Verhängung des Belagerungszustandes (Kriegs- 
zustandes) und die Aufhebung gesetzlicher Vorschriften ohne Ver- 
hängung des Belagerungszustandes sind außergewöhnliche Maßregeln zur- 
Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit (ogl. Loening, Deutsches Verwaltungsrecht 
1884 S. 290; Meyer-Dochow“" S. 170). 
1. Dem Kaiser steht als Inhaber des militärischen Oberbefehls das Recht zu, jeden Teil 
des Reichsgebietes, also auch das gesamte Gebiet (mit Ausnahme Bayerns) in den Belagerungs- 
zustand zu versetzen. (Nach Fleischmann, Wörterbuch 1, 398 handelt es sich um eine 
Maßregel der Sicherheitspolizei.) Bis zum Erlaß eines Reichsgesetzes, das die Voraus- 
setzungen, die Form der Verkündigung und ihre Wirkungen regelt, gelten 
nach RVerf. Art. 68 die Bestimmungen des preußischen Gesetzes vom 4. Juni 1851. Wie weit 
dieses Gesetz in seinen Einzelheiten anzuwenden und wie weit es durch Reichsgesetze aufgehoben, 
ist bestritten. 
Der Belagerungszustand („Kriegszustand“, RVerf. Art. 68) ist zu verhängen im Falle 
eines Krieges in den vom Feinde bedrohten oder teilweise schon besetzten Provinzen (preuß. G. 
§ 1) und im Falle eines Aufruhrs bei dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Kriegs- 
und Friedenszeiten (preuß. G. § 2). Wann diese Voraussetzungen vorliegen, entscheidet der 
Kaiser. Die Bekanntmachung des Belagerungszustandes erfolgt durch Kaiserliche Verordnung 
im Reichsgesetzblatt. Das preuß. G. § 3 schreibt außerdem vor, daß sie bei Trommelschlag oder 
Trompetenschall zu verkünden und durch Mitteilung an die Gemeindebehörden, durch Anschlag 
an öffentlichen Plätzen und durch öffentliche Blätter ohne Verzug zur allgemeinen Kenntnis 
zu bringen ist, ohne anzugeben, ob alle diese Bedingungen zu erfüllen sind, oder ob es von den 
Umständen abhängig gemacht werden kann, welche Form der Bekanntmachung als die ge- 
eignetste auszuwählen ist. Mit der Bekanntmachung geht die vollziehende Gewalt an die- 
Militärbefehlsbaber über, die Zivilbehörden haben ihren Anordnungen und Aufträgen Folge 
zu leisten (preuß. G. § 4). Reichs- und landesrechtlich garantierte Rechte, die sich auf Ver-
	        
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