Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

auf Requisition des damals noch allmächtigen Ty- 
rannen Ujijis Rumaliza zu dieser Verstärkungs- 
expedition haben liefern zu müssen. 
Kapitän Jacques, der in nicht endenwollen- 
dem Krieg mit Rumalizas Leuten verwickelt und 
von diesen arg bedrängt worden war, trachtete wieder- 
holt danach, eine Verständigung mit Rumaliza herbei- 
zuführen; und da auch Rumaliza seinerseits Interesse 
gezeigt an einer solchen, so hatte Kapitän Jacques 
sich persönlich in einem kleinen Boote, nur mit 
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wenigen Leuten, nach Usiji zu einer Besprechung 
begeben. Er mußte aber von 
Sache abziehen und wäre am anderen Ufer beinahe 
von einer gegen ihn durch Rumaliza ausgesandten 
Kriegsabtheilung überrumpelt worden. Die Deteils 
dieser Begebenheiten gehen aus Jacques' Berichten 
deutlich hervor. Kapitän Jacques hatte dann eine 
in der Nähe seines Forts befindliche, dem Rumaliza 
gehörende Ortschaft gestürmt und in Brand gesteckt, 
für welche Ortschaft seiner Zeit die Kongoregierung 
durch Tippo-Tip eine Flagge ausgefolgt hatte und 
die während des Krieges siets geheißt war. Rumaliza, 
wüthend über die Nachricht von dem Verluste dieser 
Ortschaft, sprang auf und riß den Flaggenmast mit 
der deutschen Flagge um, er trat und zerriß sie 
unter den heftigsten Verwünschungen. Er sagte in 
seinem Zorne, die Flaggen der Europäer seien doch 
nur unnütze Fetzen, und wenn es um und drauf an- 
läme, würden diese doch von den eigenen Verleihern 
nicht respektirt. Rumaliza brauchte also überhaupt 
keine Flaggen, von welcher Regierung sie ihm auch 
immer angeboten werden mögen. Sämmtliche Araber 
Ujijis waren bei dieser Gelegenheit in der Barasa 
des Rumaliza, und keiner hätte es gewagt, nur einen 
Versuch zu machen, ihn von seinem sinnlosen Be- 
ginnen abzuhalten. Gewiß bezeichnend für diese 
Feiglinge, oder für deren Stimmung! Bis zur Er- 
millelung und Feststellung aller dieser Thatsachen 
hatte ich mit der Wahl und Ernennung eines Wali 
und der Verabfolgung eines Schutzbriefes und einer 
Flagge noch gewartet, trotz dringendster Bitten der 
täglich bei mir versammelten Araber. 
Endlich gab ich dem Drängen der Araber nach 
und ernannte den würdigen, alten Msaba bin YDem 
zum Wali, vorbehaltlich höherer Bestätigung. Die 
Araber zahlten eine Abgabe (neun große Elefantenzähne), 
und ich gab dem Wali für Ujiji die deutsche Flagge 
und den Schupbrief. Dies that ich um so beruhigter, 
als Rumaliza selbst schristlich das Ersuchen an mich 
gerichtet hatte, den Msaba bin Yem als seinen 
Vater und als ältesten angesehensten Araber UjMjis 
zu betrachten und alle Verträge u. s. w. mit ihm 
abschließen zu wollen. 
Rumaliza wird gegen Msaba bin YDem kaum 
konspiriren, wenn er auch jemals wieder nach Ulis 
kommen sollte, und wenn auch, er würde Msaba 
bin Yem dermalen nicht mehr gewachsen sein, da 
alle Eingeborenen am ganzen Tanganyika mit Haß 
gegen ihn erfüllt sind, während sie den Msaba bin 
da unverrichteter 
Yem als einen Wohlthäter verehren. Sie würden 
alle den Letzteren vertheidigen, und besonders weil 
Rumaliza an Prestige durch seine feige Flucht bei 
den Arabern und Negern Ujijis verloren hat. 
Welchen Einfluß Msaba auf die Eingeborenen 
ausübt, beweist der Umstand, daß er unter vielen 
Anderen selbst den Sultan von Uji##si Rusimbi 
aus seinen Bergen nach Ugoi zu bringen im Stande 
gewesen ist, um seine Unterwerfung der deutschen 
Regierung anzuzeigen. Es ist dies nämlich das 
erste Mal, daß ein Sultan von diesem Lande so 
nahe an den Tanganyika herangekommen war, da 
die Volkssage und der Aberglaube behaupten, daß, 
wenn der Sultan das Wasser des Tanganyika er- 
blickte, derselbe sofort vom Anblicke desselben sterben 
müßte. Der Sultan Rusimbi mit seinem zahl- 
reichen Gesolge baten demnach auch um die Er- 
lanbniß, des Nachts kommen zu dürfen, und seine 
  
  
  
Würdenträger waren auch dann noch peinlichst bemüht, 
ihm einen eventuellen zufälligen Ausblick auf den 
Tanganyika durch ihre Leiber zu verstellen. 
Der Sultan kam und ging mit vom Tanganyika 
abgewandtem Gesichte. Ich verabfolgte auch ihm 
Flagge und Schutzbrief. 
Der Wali sorgte dafür, daß aus allen Dörfern 
von weit und breit Verpflegungsartikel als Geschenke 
an uns gebracht wurden, denn auf dem Markte war 
sast nichts, und wenn überhaupt, so nur um ganz 
exorbitante Preise zu kaufen. 
Die Araber selbst haben weder Reis noch Ma- 
tama mehr, sie schicken bis Uha und Uvinza, um 
Lebensmittel einzukausen. Es herrscht eine fürchter- 
liche Hungersnoth am Tanganyika, besonders aber 
in dem auf Verpflegung von außen angewiesenen 
volkreichen Usiji. 
Auf Requisition des Wali und dank den Be- 
mühungen einiger Araber kamen endlich acht mehr 
oder weniger reparaturbedürftige, dhauähnlich ge- 
formie Flachboote. Rumaliza hatte nämlich alle 
Boote fortgenommen zum Transport seiner Kriegs- 
expedition. Ich war dadurch in große Verlegenheit 
versetzt wegen des Weitermarsches der Expedition 
nach Karema, denn über Land mit Lasten ist es fast 
undenkbar, derart gebirgig und steinig wird mir der 
Weg allgemein geschildert. Unsere Soldaten und 
Träger litten außerdem noch ganz cnorm von den 
Erdflöhen. 
Die acht Boote sollten nach Aussage der Araber 
einen Fassungsraum für 300 Mann haben, ich konnte 
jedoch bei der Einschiffung unmöglich mehr Platz 
finden als für 200 Mann, diese wie Heringe im 
Fasse zusammengepfercht. 
Für die nothdürftigste, aber nicht wenig Zeit in 
Anspruch nehmende Reparatur, Bemannung und 
Miethe von diesen elenden, lebensgefährlichen, stets. 
undichten Booten (man könnte diese eigentlich richtiger 
als Riesenbadewannen oder Waschtröge bezeichnen) 
mußte ich trotz tagelangem Herumfeilschen den biederen 
Arabern bei 20 Gora Zeug à 10 Dollar per Fahr-
	        
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