auf Requisition des damals noch allmächtigen Ty-
rannen Ujijis Rumaliza zu dieser Verstärkungs-
expedition haben liefern zu müssen.
Kapitän Jacques, der in nicht endenwollen-
dem Krieg mit Rumalizas Leuten verwickelt und
von diesen arg bedrängt worden war, trachtete wieder-
holt danach, eine Verständigung mit Rumaliza herbei-
zuführen; und da auch Rumaliza seinerseits Interesse
gezeigt an einer solchen, so hatte Kapitän Jacques
sich persönlich in einem kleinen Boote, nur mit
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wenigen Leuten, nach Usiji zu einer Besprechung
begeben. Er mußte aber von
Sache abziehen und wäre am anderen Ufer beinahe
von einer gegen ihn durch Rumaliza ausgesandten
Kriegsabtheilung überrumpelt worden. Die Deteils
dieser Begebenheiten gehen aus Jacques' Berichten
deutlich hervor. Kapitän Jacques hatte dann eine
in der Nähe seines Forts befindliche, dem Rumaliza
gehörende Ortschaft gestürmt und in Brand gesteckt,
für welche Ortschaft seiner Zeit die Kongoregierung
durch Tippo-Tip eine Flagge ausgefolgt hatte und
die während des Krieges siets geheißt war. Rumaliza,
wüthend über die Nachricht von dem Verluste dieser
Ortschaft, sprang auf und riß den Flaggenmast mit
der deutschen Flagge um, er trat und zerriß sie
unter den heftigsten Verwünschungen. Er sagte in
seinem Zorne, die Flaggen der Europäer seien doch
nur unnütze Fetzen, und wenn es um und drauf an-
läme, würden diese doch von den eigenen Verleihern
nicht respektirt. Rumaliza brauchte also überhaupt
keine Flaggen, von welcher Regierung sie ihm auch
immer angeboten werden mögen. Sämmtliche Araber
Ujijis waren bei dieser Gelegenheit in der Barasa
des Rumaliza, und keiner hätte es gewagt, nur einen
Versuch zu machen, ihn von seinem sinnlosen Be-
ginnen abzuhalten. Gewiß bezeichnend für diese
Feiglinge, oder für deren Stimmung! Bis zur Er-
millelung und Feststellung aller dieser Thatsachen
hatte ich mit der Wahl und Ernennung eines Wali
und der Verabfolgung eines Schutzbriefes und einer
Flagge noch gewartet, trotz dringendster Bitten der
täglich bei mir versammelten Araber.
Endlich gab ich dem Drängen der Araber nach
und ernannte den würdigen, alten Msaba bin YDem
zum Wali, vorbehaltlich höherer Bestätigung. Die
Araber zahlten eine Abgabe (neun große Elefantenzähne),
und ich gab dem Wali für Ujiji die deutsche Flagge
und den Schupbrief. Dies that ich um so beruhigter,
als Rumaliza selbst schristlich das Ersuchen an mich
gerichtet hatte, den Msaba bin Yem als seinen
Vater und als ältesten angesehensten Araber UjMjis
zu betrachten und alle Verträge u. s. w. mit ihm
abschließen zu wollen.
Rumaliza wird gegen Msaba bin YDem kaum
konspiriren, wenn er auch jemals wieder nach Ulis
kommen sollte, und wenn auch, er würde Msaba
bin Yem dermalen nicht mehr gewachsen sein, da
alle Eingeborenen am ganzen Tanganyika mit Haß
gegen ihn erfüllt sind, während sie den Msaba bin
da unverrichteter
Yem als einen Wohlthäter verehren. Sie würden
alle den Letzteren vertheidigen, und besonders weil
Rumaliza an Prestige durch seine feige Flucht bei
den Arabern und Negern Ujijis verloren hat.
Welchen Einfluß Msaba auf die Eingeborenen
ausübt, beweist der Umstand, daß er unter vielen
Anderen selbst den Sultan von Uji##si Rusimbi
aus seinen Bergen nach Ugoi zu bringen im Stande
gewesen ist, um seine Unterwerfung der deutschen
Regierung anzuzeigen. Es ist dies nämlich das
erste Mal, daß ein Sultan von diesem Lande so
nahe an den Tanganyika herangekommen war, da
die Volkssage und der Aberglaube behaupten, daß,
wenn der Sultan das Wasser des Tanganyika er-
blickte, derselbe sofort vom Anblicke desselben sterben
müßte. Der Sultan Rusimbi mit seinem zahl-
reichen Gesolge baten demnach auch um die Er-
lanbniß, des Nachts kommen zu dürfen, und seine
Würdenträger waren auch dann noch peinlichst bemüht,
ihm einen eventuellen zufälligen Ausblick auf den
Tanganyika durch ihre Leiber zu verstellen.
Der Sultan kam und ging mit vom Tanganyika
abgewandtem Gesichte. Ich verabfolgte auch ihm
Flagge und Schutzbrief.
Der Wali sorgte dafür, daß aus allen Dörfern
von weit und breit Verpflegungsartikel als Geschenke
an uns gebracht wurden, denn auf dem Markte war
sast nichts, und wenn überhaupt, so nur um ganz
exorbitante Preise zu kaufen.
Die Araber selbst haben weder Reis noch Ma-
tama mehr, sie schicken bis Uha und Uvinza, um
Lebensmittel einzukausen. Es herrscht eine fürchter-
liche Hungersnoth am Tanganyika, besonders aber
in dem auf Verpflegung von außen angewiesenen
volkreichen Usiji.
Auf Requisition des Wali und dank den Be-
mühungen einiger Araber kamen endlich acht mehr
oder weniger reparaturbedürftige, dhauähnlich ge-
formie Flachboote. Rumaliza hatte nämlich alle
Boote fortgenommen zum Transport seiner Kriegs-
expedition. Ich war dadurch in große Verlegenheit
versetzt wegen des Weitermarsches der Expedition
nach Karema, denn über Land mit Lasten ist es fast
undenkbar, derart gebirgig und steinig wird mir der
Weg allgemein geschildert. Unsere Soldaten und
Träger litten außerdem noch ganz cnorm von den
Erdflöhen.
Die acht Boote sollten nach Aussage der Araber
einen Fassungsraum für 300 Mann haben, ich konnte
jedoch bei der Einschiffung unmöglich mehr Platz
finden als für 200 Mann, diese wie Heringe im
Fasse zusammengepfercht.
Für die nothdürftigste, aber nicht wenig Zeit in
Anspruch nehmende Reparatur, Bemannung und
Miethe von diesen elenden, lebensgefährlichen, stets.
undichten Booten (man könnte diese eigentlich richtiger
als Riesenbadewannen oder Waschtröge bezeichnen)
mußte ich trotz tagelangem Herumfeilschen den biederen
Arabern bei 20 Gora Zeug à 10 Dollar per Fahr-