Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

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auf Befehl des Emirs mußte er jedoch nach Yola 
zurückgezogen werden. 
Im Allgemeinen behandelt dieser, wie ich selbst 
zu bemerken Gelegenheit hatte, die Beamten der 
Company ziemlich schroff. So wurden während 
meiner Anwesenheit einmal sämmtliche schwarzen Be- 
diensteten des Hulks wegen schwebender Differenzen 
mit dem Agenten vom Emir aus ihren Wohnungen 
am linken Benusufer ausgewiesen und erst nach 
Zahlung einer bedeutenden Summe in Waaren er- 
hielten sie wieder die Erlaubniß, zurückzukehren. Auch 
will er nicht gestatten, daß die Company am Fluß- 
ufer oder in Yola eine Faktorei oder ein Lagerhaus 
errichtet. Da nun der Handel derselben am Benuc 
absolut noch nicht festen Fuß gefaßt hat und gerade 
momentan die meisten Faktoreien infolge von Streitig- 
keiten mit den Eingeborenen geschlossen sind, liegt es 
nicht im Interesse der zielbewußten und planmäßig 
arbeitenden Kaufleute, allzu brüsk gegen den Emir 
aufzutreten. Doch würde es der mächtigen, ener- 
gischen Gesellschaft nicht schwer fallen, in kürzester 
Zeit denselben seiner Ohnmacht bewußt zu machen; 
denn wie wenig er sich einem auf ihn ausgeübten 
energischen Druck gewachsen fühlt, zeigt die spätere 
Herausgabe der Mizonschen Gewehre und Kanonen 
an den Hauptagenten Mr. Wallacce. 
Am 10. Juli überschritt ich mit einem Theil 
meiner Träger den Benus und suchte den Emir in 
Gire auf. Dies ist eine große, geschlossene Stadt in 
hügeliger, weit gesünderer Lage als Yola, woselbst 
sich der Emir den größten Theil des Jahres aufhält 
und welche infolgedessen die Bedeutung der zweiten 
Hauptstadt des Reiches erlangt hat. 
Nachdem ich ihm die bedeutenden Geschenke über- 
sandt hatte, wurde ich von ihm in der Nacht des 
11. Juli empfangen. In dem matt erleuchteten Ge- 
mache war es mir schwer, seine Züge zu unterscheiden, 
doch dürfte er in der Mitte der vierziger Jahre 
stehen. Er ist von kräftiger, fast plumper Statur 
und hat, wohl von seiner Mutter, einer Haussasklavin, 
dunkleres Gesicht und nicht das Ansehen des reinen 
Fullah. Ich übermittelte ihm den Wunsch meines 
Kaisers, mit ihm und seinem Lande in nähere Be- 
ziehungen zu treten, und ersuchte ihn um ein Schreiben, 
laut welchem er uns Deutschen allein das Recht zu- 
gestehen solle, in ganz Adamaua politische Stationen 
errichten zu dürfen. Ausdrückliches Gewicht legte ich 
hierbei auf die unter Ngaundere stehenden Gebiete 
von Gasa, da ich es nicht für nöthig hielt, dic inner- 
halb des 15. Grades gelegenen Gegenden besonders 
benennen zu lassen. Tags darauf wurde mir auch 
ein arabisches Schriftstück übergeben, welches jedoch 
bei der späteren Konferenz als nicht genügend prä- 
zisirt erklärt wurde. 
Einen reinen Schutvertrag vom Emir zu ver- 
langen, war bisher selbst der Noyal Niger Company 
nicht eingefallen und würde auch ich nicht erlangt 
haben können, denn hierzu würde eine imponirendere 
Macht als die meine nöthig gewesen sein. Wenn 
  
Mizon dies versucht hat, so konnte er sich eben nur 
dadurch Erfolg versprechen, daß er dieselben der 
Brüsseler Konvention und dem Völkerrechte zuwider- 
laufenden Mittel anwandte, welche vor ihm Maistre 
in den Landstrichen südlich des Mayo Kebbi gebraucht 
hat, nämlich die Uebergabe von Hinterladern an die 
betreffenden Häuptlinge. 
Mit sünf Pferden und viel Schlachtvieh von 
Suberu beschenkt, trat ich die Rückreise nach Yola 
an. Meine Mittel waren nun vollständig erschöpft 
und wir lebten ausschließlich von dem Verkauf der 
Waaren, welche wir vom Hulk erhielten. Unter 
diesen Umständen war an eine Fortsebung der Expe- 
dition nicht mehr zu denken, denn der dortige Agent 
gab mir wohl Kredit, solange ich in Yola blieb, 
um dann mit einem Dampfer der Company die 
Nückreise anzutreten, würde mir jedoch von dem 
Momente an die Mittel verweigert haben, als ich 
erklärt hätle, weiter ins Innere vordringen zu wollen. 
Ich mußte also geduldig in Yola die Ankunft 
des nächsten Dampfers erwarten, welche bei der fort- 
schreitenden Regenzeit an und für sich bald zu er- 
hoffen war. Der Aufenthalt in der sumpfumgebenen 
Stadt war weder angenehm noch gesund. Troßdem 
die grauen Wollen schwer niederhingen, wollte es 
über der Stadt selbst nicht zum Negen kommen und 
so erfuhr die drückende schwüle Temperatur keine Ab- 
kühlung. 
Ich beschloß deshalb, mein Domizil zu verändern 
und Wohnung in einem Farmendorfe zu beziehen, 
welches auf einem Hügel am linken Ufer des Benus, 
kaum ¼ Stunde vom englischen Hulk entfernt ge- 
legen war. Diesen Entschluß führte ich auch am 
24. Juli aus. Doch trotzdem der hier wohl 1000 m 
breite Fluß seit Mai um 16 Fuß gestiegen war, so 
daß ein Flußdampfer Yola mit Leichtigkeit hätte 
erreichen können, war troß sehnsüchtigen Ausschauens 
nichts zu sehen. 
Inzwischen hörte ich, daß der Lamido von Banyo 
in Kontsha angekommen sei, ihm vom dortigen Häupt- 
ling und dessen Verbündeten in Dodo jedoch der 
Weg verlegt werde. Der Emir sandte nun Akall 
mit Soldaten dorthin und ließ die streitenden Par- 
teien nach Yola entbieten. Hier wurde der junge 
Statthalter feierlich anerkannt, während der Präten- 
dent in einen Kerker Suberus verschwand, die Häupt- 
linge von Kontsha und Dodo dagegen außer einer 
ihnen auferlegten Buße an Sklaven und Elsenbein 
50 Stockhiebe erhalten haben sollen. 
Allmählich war auch mein Gesundheitszustand 
nicht mehr der beste. Seit meiner Verwundung war 
ich niemals mehr krank gewesen, hier stellten sich 
plößlich Fieberanzeichen ein. Es war im Allgemeinen 
auch nicht zu verwundern, denn hatte ich früher durch 
ständige körperliche und geistige Anspannung gewisser- 
maßen keine Zeit zum Krankwerden, so war jetzt eine 
allgemeine Abspannung eingetreten. Mit Ausnahme 
des Morgenrittes verbrachte ich den größten Theil 
des Tages und der Nacht in der engen, dumpfen
	        
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