— 185 —
auf Befehl des Emirs mußte er jedoch nach Yola
zurückgezogen werden.
Im Allgemeinen behandelt dieser, wie ich selbst
zu bemerken Gelegenheit hatte, die Beamten der
Company ziemlich schroff. So wurden während
meiner Anwesenheit einmal sämmtliche schwarzen Be-
diensteten des Hulks wegen schwebender Differenzen
mit dem Agenten vom Emir aus ihren Wohnungen
am linken Benusufer ausgewiesen und erst nach
Zahlung einer bedeutenden Summe in Waaren er-
hielten sie wieder die Erlaubniß, zurückzukehren. Auch
will er nicht gestatten, daß die Company am Fluß-
ufer oder in Yola eine Faktorei oder ein Lagerhaus
errichtet. Da nun der Handel derselben am Benuc
absolut noch nicht festen Fuß gefaßt hat und gerade
momentan die meisten Faktoreien infolge von Streitig-
keiten mit den Eingeborenen geschlossen sind, liegt es
nicht im Interesse der zielbewußten und planmäßig
arbeitenden Kaufleute, allzu brüsk gegen den Emir
aufzutreten. Doch würde es der mächtigen, ener-
gischen Gesellschaft nicht schwer fallen, in kürzester
Zeit denselben seiner Ohnmacht bewußt zu machen;
denn wie wenig er sich einem auf ihn ausgeübten
energischen Druck gewachsen fühlt, zeigt die spätere
Herausgabe der Mizonschen Gewehre und Kanonen
an den Hauptagenten Mr. Wallacce.
Am 10. Juli überschritt ich mit einem Theil
meiner Träger den Benus und suchte den Emir in
Gire auf. Dies ist eine große, geschlossene Stadt in
hügeliger, weit gesünderer Lage als Yola, woselbst
sich der Emir den größten Theil des Jahres aufhält
und welche infolgedessen die Bedeutung der zweiten
Hauptstadt des Reiches erlangt hat.
Nachdem ich ihm die bedeutenden Geschenke über-
sandt hatte, wurde ich von ihm in der Nacht des
11. Juli empfangen. In dem matt erleuchteten Ge-
mache war es mir schwer, seine Züge zu unterscheiden,
doch dürfte er in der Mitte der vierziger Jahre
stehen. Er ist von kräftiger, fast plumper Statur
und hat, wohl von seiner Mutter, einer Haussasklavin,
dunkleres Gesicht und nicht das Ansehen des reinen
Fullah. Ich übermittelte ihm den Wunsch meines
Kaisers, mit ihm und seinem Lande in nähere Be-
ziehungen zu treten, und ersuchte ihn um ein Schreiben,
laut welchem er uns Deutschen allein das Recht zu-
gestehen solle, in ganz Adamaua politische Stationen
errichten zu dürfen. Ausdrückliches Gewicht legte ich
hierbei auf die unter Ngaundere stehenden Gebiete
von Gasa, da ich es nicht für nöthig hielt, dic inner-
halb des 15. Grades gelegenen Gegenden besonders
benennen zu lassen. Tags darauf wurde mir auch
ein arabisches Schriftstück übergeben, welches jedoch
bei der späteren Konferenz als nicht genügend prä-
zisirt erklärt wurde.
Einen reinen Schutvertrag vom Emir zu ver-
langen, war bisher selbst der Noyal Niger Company
nicht eingefallen und würde auch ich nicht erlangt
haben können, denn hierzu würde eine imponirendere
Macht als die meine nöthig gewesen sein. Wenn
Mizon dies versucht hat, so konnte er sich eben nur
dadurch Erfolg versprechen, daß er dieselben der
Brüsseler Konvention und dem Völkerrechte zuwider-
laufenden Mittel anwandte, welche vor ihm Maistre
in den Landstrichen südlich des Mayo Kebbi gebraucht
hat, nämlich die Uebergabe von Hinterladern an die
betreffenden Häuptlinge.
Mit sünf Pferden und viel Schlachtvieh von
Suberu beschenkt, trat ich die Rückreise nach Yola
an. Meine Mittel waren nun vollständig erschöpft
und wir lebten ausschließlich von dem Verkauf der
Waaren, welche wir vom Hulk erhielten. Unter
diesen Umständen war an eine Fortsebung der Expe-
dition nicht mehr zu denken, denn der dortige Agent
gab mir wohl Kredit, solange ich in Yola blieb,
um dann mit einem Dampfer der Company die
Nückreise anzutreten, würde mir jedoch von dem
Momente an die Mittel verweigert haben, als ich
erklärt hätle, weiter ins Innere vordringen zu wollen.
Ich mußte also geduldig in Yola die Ankunft
des nächsten Dampfers erwarten, welche bei der fort-
schreitenden Regenzeit an und für sich bald zu er-
hoffen war. Der Aufenthalt in der sumpfumgebenen
Stadt war weder angenehm noch gesund. Troßdem
die grauen Wollen schwer niederhingen, wollte es
über der Stadt selbst nicht zum Negen kommen und
so erfuhr die drückende schwüle Temperatur keine Ab-
kühlung.
Ich beschloß deshalb, mein Domizil zu verändern
und Wohnung in einem Farmendorfe zu beziehen,
welches auf einem Hügel am linken Ufer des Benus,
kaum ¼ Stunde vom englischen Hulk entfernt ge-
legen war. Diesen Entschluß führte ich auch am
24. Juli aus. Doch trotzdem der hier wohl 1000 m
breite Fluß seit Mai um 16 Fuß gestiegen war, so
daß ein Flußdampfer Yola mit Leichtigkeit hätte
erreichen können, war troß sehnsüchtigen Ausschauens
nichts zu sehen.
Inzwischen hörte ich, daß der Lamido von Banyo
in Kontsha angekommen sei, ihm vom dortigen Häupt-
ling und dessen Verbündeten in Dodo jedoch der
Weg verlegt werde. Der Emir sandte nun Akall
mit Soldaten dorthin und ließ die streitenden Par-
teien nach Yola entbieten. Hier wurde der junge
Statthalter feierlich anerkannt, während der Präten-
dent in einen Kerker Suberus verschwand, die Häupt-
linge von Kontsha und Dodo dagegen außer einer
ihnen auferlegten Buße an Sklaven und Elsenbein
50 Stockhiebe erhalten haben sollen.
Allmählich war auch mein Gesundheitszustand
nicht mehr der beste. Seit meiner Verwundung war
ich niemals mehr krank gewesen, hier stellten sich
plößlich Fieberanzeichen ein. Es war im Allgemeinen
auch nicht zu verwundern, denn hatte ich früher durch
ständige körperliche und geistige Anspannung gewisser-
maßen keine Zeit zum Krankwerden, so war jetzt eine
allgemeine Abspannung eingetreten. Mit Ausnahme
des Morgenrittes verbrachte ich den größten Theil
des Tages und der Nacht in der engen, dumpfen