Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

1½ m über die Brücke hinweggestürzt war, hatte 
sie doch standgehalten. Dann ging unser Weg durch 
eine lange Grassteppe. Um 3 Uhr trafen wir in 
Korogwe ein. Das Dorf, mit etwa 600 Hütten, 
liegt auf einer Insel, die nach allen Seiten von den 
Wassern des Pangani umspült wird. Zu dem 
Dorfe führt eine 50 m lange Brücke. Diese besteht 
aus einem 1 Fuß breiten Baumstamm, der auf zwel 
mächtigen Holzgabeln ruht und von langen Seilen, 
welche aus starken Lianen geflochten sind, gehalten 
wird. Nachdem wir unser Zelt aufgeschlagen und 
etwas gegessen hatten, bot sich unseren Augen ein 
interessantes Schauspiel. Es kamen nämlich sämmt- 
liche Kühe, Schafe und Ziegen von der Weide; die 
ersteren, gegen 300 Stück, warfen sich kühn in die 
Fluthen des Pangani, um schwimmend das jenseitige 
Ufer zu erreichen. Viele wurden weite Strecken 
fortgetrieben; aber es gelang allen, den festen Boden 
wiederzugewinnen. Die Schafe und Ziegen, an 
600 Stück, gingen in langem Gänsemarsch über den 
Brückensteg. Am Eingang des Dorfes standen die 
Eigenthümer bereit und nahmen sie in Empfang. 
Bis auf zwei Ziegen erreichten alle das Ende des 
Steges. Die beiden bekamen miteinander Streit, 
fingen an, sich gegenseitig anzurempeln, bis beide in 
die reißende Fluth stürzten. Das eine Thier wurde 
gerettet, während das andere schnell abwärts trieb 
und jedenfalls ein Raub der Krokodile wurde. — 
Hier besuchte mich der Missionar der englischen 
Missionsstation und lud mich freundlichst ein, bei 
ihm zu essen und zu wohnen, was ich dankbar an- 
nahm. Diese Station liegt am Abhange elnes 
Berges in der Nähe von Korogwe. Die Missionare 
haben dort unter den Wasegua mit großem Segen 
gearbeitet und in fünfjähriger Arbeit eine Gemeinde 
von 40 Seelen aus den Heiden sammeln dürfen. 
Da der englische Missionar kein Deutsch und ich 
kein Englisch sprach, mußten wir uns zur Unter- 
haltung des Kisuaheli, Kiseguha und Kishambala 
bedienen. Abends war in Korogwe ein großes 
Ngoma (Tanzfest). — Da wir am anderen Morgen 
früh aufbrechen wollten, schlief ich in meinem Zelt. 
Gegen Mitternacht verstummten auch die Ngoma= 
trommeln und das Geheul der vom Tanze ermüdeten 
Wasegua. - 
Am Morgen des 12. machten wir uns mit 
Tagesanbruch reisefertig. Zu uns gesellten sich noch 
einige 20 Träger von Kilimandjaro. Wir Alle 
zusammen zogen fröhlich singend unsere Straße 
weiker. Der Gesang wurde aber plötzlich unter- 
brochen. Es kam uns nämlich ein Askarl der 
Schußtruppe mit zwei in Ketten geschlossenen Massai- 
verbrechern entgegen, der uns die Mittheilung machte, 
daß der Luengerafluß weit und breit Alles über- 
schwemmt habe und nicht zu passiren sei. Diese 
Nachricht machte uns Alle etwas muthlos. 
ließ die Uebrigen an der Stelle warten und ging 
mit einigen Männern in das überschwemmte Gebiet 
des Luengera. Wir fanden die ganze Ebene bis zu 
200 
  
½ km von dem eigentlichen Luengera unter Wasser 
stehend. Hin und wieder ragten noch einige 
Sträucher, Schilf und dergleichen hervor. An ein 
Durchwaten war nicht zu denken. Da wir aber 
bemerkten, daß das Wasser in schnellem Abnehmen 
begriffen war, so gab uns das Muth, noch einen 
Tag zu warten. Wir kehrten zu den anderen 
Trägern zurück und schlugen in der Nähe des 
Dorfes Kwagumi unser Zelt auf. Mit dem Dorf 
selbst hatten wir keine Verbindung, weil die Brücke 
schon vor einigen Tagen fortgeschwemmt war. Der 
Häuptling des Dorfes, eine kräftige Hünengestalt, 
wollte es sich aber nicht nehmen lassen, einen Euro- 
päer, der in der Nähe seines Dorfes sein Zelt auf- 
geschlagen hatte, zu begrüßen. Er stürzte sich deshalb 
tapfer in die Fluthen und arbeitete sich durch die 
starke Strömung hindurch bis an das diesseitige 
Ufer, wo er mich mit freundlichem „Mos. — 
mwenje Bwana“ begrüßte. Am anderen Morgen 
hofften wir hinüberzukommen; aber es war doch mit 
Lebensgefahr verbunden, well die meisten Träger 
nicht schwimmen konnten. 
Am anderen Morgen, den 14., brach der Tag 
an mit starkem Regen aus Osten. Wir schnürten 
darum schnell unsere Lasten; denn ein Zögern konnte 
uns den Uebergang vielleicht unmöglich machen, weil 
nach dem Regen das Wasser wieder anfing zu steigen. 
iue dem Wasser angekommen, warteten wir, bis alle 
Träger, wohl an 40 Mann, angelangt waren. Ein 
Kilimandjaroträger hatte den Muth, eine nicht allzu 
tiese Durchgangsstelle zu suchen. Er war vielleicht 
10 m im Wasser, als er einen jähen Schrei aus- 
stieß. In nächster Nähe tauchte plößlich der Kopf 
eines Krolodils aus dem Wasser, was bei uns 
Allen, die wir standen und zusahen, einen starken 
Schrecken hervorrief. Der Mann kam jedoch un- 
versehrt wieder zurück. Jetzt schienen aber die 
Meisten den Muth verloren zu haben; Alle jam- 
merten, daß sie keine daua (Medizin) gegen die 
Krokodile hätten. Schließlich baten sie, ich möchte 
doch einen mganga (Zauberer) aus dem nächsten 
Dorf holen lassen, damit derselbe seine Kraft in das 
Wasser thäte, dann wären wir vor den Krokodilen 
geschützt. Ich erwiderte ihnen, daß ich für mich 
keine daua wünsche, auch nicht brauche; wenn sie 
sich aber daua besorgen wollten, so würde ich cs 
ihnen, well sie Heiden seien, nicht verwehren. Dann 
nahm ein Jeder seine Last auf, und nachdem eine 
seichte Stelle gefunden war, stellte ich sie paarweise 
dicht zusammen. So zogen wir durch die erste 
Strömung hindurch. Wir hatten eine ziemlich gute 
Stelle gefunden; denn das Wasser ging uns nur bis 
an die Brust und den Kleinen bis an den Hals. 
Wir wateten dann in ungefähr 1 m tiefem Wasser 
im Schilf und Gestrüpp weiter, bis wir an einc 
stärkere Strömung kamen, zwar nicht so breit, aber 
bedeutend tiefer. Ich ging mit einem Wanyam- 
wesiträger voran in die Strömung hinein. In der 
Mitte derselben schwand uns aber der Boden unter
	        
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