1½ m über die Brücke hinweggestürzt war, hatte
sie doch standgehalten. Dann ging unser Weg durch
eine lange Grassteppe. Um 3 Uhr trafen wir in
Korogwe ein. Das Dorf, mit etwa 600 Hütten,
liegt auf einer Insel, die nach allen Seiten von den
Wassern des Pangani umspült wird. Zu dem
Dorfe führt eine 50 m lange Brücke. Diese besteht
aus einem 1 Fuß breiten Baumstamm, der auf zwel
mächtigen Holzgabeln ruht und von langen Seilen,
welche aus starken Lianen geflochten sind, gehalten
wird. Nachdem wir unser Zelt aufgeschlagen und
etwas gegessen hatten, bot sich unseren Augen ein
interessantes Schauspiel. Es kamen nämlich sämmt-
liche Kühe, Schafe und Ziegen von der Weide; die
ersteren, gegen 300 Stück, warfen sich kühn in die
Fluthen des Pangani, um schwimmend das jenseitige
Ufer zu erreichen. Viele wurden weite Strecken
fortgetrieben; aber es gelang allen, den festen Boden
wiederzugewinnen. Die Schafe und Ziegen, an
600 Stück, gingen in langem Gänsemarsch über den
Brückensteg. Am Eingang des Dorfes standen die
Eigenthümer bereit und nahmen sie in Empfang.
Bis auf zwei Ziegen erreichten alle das Ende des
Steges. Die beiden bekamen miteinander Streit,
fingen an, sich gegenseitig anzurempeln, bis beide in
die reißende Fluth stürzten. Das eine Thier wurde
gerettet, während das andere schnell abwärts trieb
und jedenfalls ein Raub der Krokodile wurde. —
Hier besuchte mich der Missionar der englischen
Missionsstation und lud mich freundlichst ein, bei
ihm zu essen und zu wohnen, was ich dankbar an-
nahm. Diese Station liegt am Abhange elnes
Berges in der Nähe von Korogwe. Die Missionare
haben dort unter den Wasegua mit großem Segen
gearbeitet und in fünfjähriger Arbeit eine Gemeinde
von 40 Seelen aus den Heiden sammeln dürfen.
Da der englische Missionar kein Deutsch und ich
kein Englisch sprach, mußten wir uns zur Unter-
haltung des Kisuaheli, Kiseguha und Kishambala
bedienen. Abends war in Korogwe ein großes
Ngoma (Tanzfest). — Da wir am anderen Morgen
früh aufbrechen wollten, schlief ich in meinem Zelt.
Gegen Mitternacht verstummten auch die Ngoma=
trommeln und das Geheul der vom Tanze ermüdeten
Wasegua. -
Am Morgen des 12. machten wir uns mit
Tagesanbruch reisefertig. Zu uns gesellten sich noch
einige 20 Träger von Kilimandjaro. Wir Alle
zusammen zogen fröhlich singend unsere Straße
weiker. Der Gesang wurde aber plötzlich unter-
brochen. Es kam uns nämlich ein Askarl der
Schußtruppe mit zwei in Ketten geschlossenen Massai-
verbrechern entgegen, der uns die Mittheilung machte,
daß der Luengerafluß weit und breit Alles über-
schwemmt habe und nicht zu passiren sei. Diese
Nachricht machte uns Alle etwas muthlos.
ließ die Uebrigen an der Stelle warten und ging
mit einigen Männern in das überschwemmte Gebiet
des Luengera. Wir fanden die ganze Ebene bis zu
200
½ km von dem eigentlichen Luengera unter Wasser
stehend. Hin und wieder ragten noch einige
Sträucher, Schilf und dergleichen hervor. An ein
Durchwaten war nicht zu denken. Da wir aber
bemerkten, daß das Wasser in schnellem Abnehmen
begriffen war, so gab uns das Muth, noch einen
Tag zu warten. Wir kehrten zu den anderen
Trägern zurück und schlugen in der Nähe des
Dorfes Kwagumi unser Zelt auf. Mit dem Dorf
selbst hatten wir keine Verbindung, weil die Brücke
schon vor einigen Tagen fortgeschwemmt war. Der
Häuptling des Dorfes, eine kräftige Hünengestalt,
wollte es sich aber nicht nehmen lassen, einen Euro-
päer, der in der Nähe seines Dorfes sein Zelt auf-
geschlagen hatte, zu begrüßen. Er stürzte sich deshalb
tapfer in die Fluthen und arbeitete sich durch die
starke Strömung hindurch bis an das diesseitige
Ufer, wo er mich mit freundlichem „Mos. —
mwenje Bwana“ begrüßte. Am anderen Morgen
hofften wir hinüberzukommen; aber es war doch mit
Lebensgefahr verbunden, well die meisten Träger
nicht schwimmen konnten.
Am anderen Morgen, den 14., brach der Tag
an mit starkem Regen aus Osten. Wir schnürten
darum schnell unsere Lasten; denn ein Zögern konnte
uns den Uebergang vielleicht unmöglich machen, weil
nach dem Regen das Wasser wieder anfing zu steigen.
iue dem Wasser angekommen, warteten wir, bis alle
Träger, wohl an 40 Mann, angelangt waren. Ein
Kilimandjaroträger hatte den Muth, eine nicht allzu
tiese Durchgangsstelle zu suchen. Er war vielleicht
10 m im Wasser, als er einen jähen Schrei aus-
stieß. In nächster Nähe tauchte plößlich der Kopf
eines Krolodils aus dem Wasser, was bei uns
Allen, die wir standen und zusahen, einen starken
Schrecken hervorrief. Der Mann kam jedoch un-
versehrt wieder zurück. Jetzt schienen aber die
Meisten den Muth verloren zu haben; Alle jam-
merten, daß sie keine daua (Medizin) gegen die
Krokodile hätten. Schließlich baten sie, ich möchte
doch einen mganga (Zauberer) aus dem nächsten
Dorf holen lassen, damit derselbe seine Kraft in das
Wasser thäte, dann wären wir vor den Krokodilen
geschützt. Ich erwiderte ihnen, daß ich für mich
keine daua wünsche, auch nicht brauche; wenn sie
sich aber daua besorgen wollten, so würde ich cs
ihnen, well sie Heiden seien, nicht verwehren. Dann
nahm ein Jeder seine Last auf, und nachdem eine
seichte Stelle gefunden war, stellte ich sie paarweise
dicht zusammen. So zogen wir durch die erste
Strömung hindurch. Wir hatten eine ziemlich gute
Stelle gefunden; denn das Wasser ging uns nur bis
an die Brust und den Kleinen bis an den Hals.
Wir wateten dann in ungefähr 1 m tiefem Wasser
im Schilf und Gestrüpp weiter, bis wir an einc
stärkere Strömung kamen, zwar nicht so breit, aber
bedeutend tiefer. Ich ging mit einem Wanyam-
wesiträger voran in die Strömung hinein. In der
Mitte derselben schwand uns aber der Boden unter