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Ueber die von der Londoner Mission über-
nommene ostafrikanische Missionsstation Urambo
schreibt das „Missionsblatt der Brüdergemeinde“:
Die Missionsstation erhebt sich auf dem Gipfel
einer Anhöhe inmitten eines Haines von Citronen.
Sie besteht aus zwei guten, steinernen Missions-
häusern, die sorgfältig gebaut und mit Thüren wie
Fenstern versehen sind. Eine Werkstatt, ein Schul-
lokal und andere Nebengebäude sind ebenfalls vor-
handen.
Das Klima von Urambo soll für das Innere
von Afrika verhältnißmäßig recht gesund sein. Die
Ortschaft liegt hoch, das Wasser ist gut. Missionar
Shaw hat die Zeit von 1882 bis Ende 1895 in
Urambo zugebracht und zwar die letzten fünf Jahre
mit seiner Frau. Auch Herr Draper, der unver-
heirathet gegenwärtig ganz allein die Station besorgt,
ein zugleich für den Missionsdienst ausgebildeter
Handwerker, befindet sich seit neun Jahren ununter-
brochen dort und wartet nun, bis er, von Missionaren
der Brüdergemeinde abgelöst, die Rückreise antreten
kann. Rücksichten auf das Klima haben jedenfalls
bei der Londoner Missionsgesellschaft in keiner Weise
dazu mitgewirkt, ihr Arbeitsfeld uns anzubieten,
sondern die völlig vereinsamte Lage der Station gab
den Ausschlag dabei, eine Lage, die vollends empfind-
lich wurde, als die Gesellschaft sich genöthigt sah,
eine Station am Tanganyikasee aufzuheben.
Missionar Flierl berichtet in den „Kirchlichen
Mittheilungen“ vom Sattelberge in Neu-Guinea:
„Die wichtigste Neuigkeit ist, daß ich im neuen
Haus schreibe, in meiner eigenen Studirstube, hinter
gutem Glasfenster, während draußen der Regen vom
Himmel strömt und die Nebelschwaden über unseren
Bergrücken ziehen. Zwar ist nun noch nicht Alles
fertig und vollkommen im neuen Haus: die Scheide-
wände in meiner Familienwohnung sind noch zu ver-
schlagen, ein paar innere Thüren zu machen, zwei
Kamine zu bauen, dann ist das ganze Innere noch
etwas zu verkitten und anzustreichen mit weißer Oel-
farbe. Wir importiren nur das Leinöl, Kreide zu
Farbe und Kitt liefert der Sattelberg, und die
schwarzen Jungen müssen sie schaben.
Der Umzug ins neue Haus geschah Knall und
Fall, noch etwas eher als geplant war; denn fast
wurden wir zu guter Letzt noch aus dem alten Haus
geworfen, zum Glück nicht durch Menschenhand,
sondern durch höhere Gewalt. Es war am
24. September abends, da kam plötzlich ein hef-
tiges Erdbeben. Wir nahmen rasch Jedes zwei
Kinder, um ins Freie zu eilen, aber als wir an die
Treppe kamen, wurde das Schütteln so arg, daß
wir zusammen niederkauern mußten und fürchten,
das Haus könnte jeden Augenblick zusammenbrechen.
Keine Kiste blieb an ihrem Ort, der tank unten
blatzte und ein Wasserstrom ergoß sich durch den
Hof. Nach einigen Minuten wiesen aber nur noch
verschiedene Scherben im Haus, die unordentlich
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stehenden Möbel, der zerrissene tank und die im
Boden gelockerten Hauspfosten auf das gewaltige
Naturereigniß. Nach dem großen Erdbeben waren
noch ein paar leichte bis zum anderen Mittag; seit-
dem ist es wieder ruhig. Das ist nun das dritte
große Erdbeben, seit wir hier oben sind; und alle
drei waren am Abend. Die Erdbeben kommen
selten vereinzelt, sondern meist in Gruppen, stets
eine ganze Anzahl an einem oder während etlicher
Ta
ge.
Mit der Gesundheit ging es in den leßten beiden
Monaten ziemlich gut. Auch die Hausjungen waren
dauernd gesund und in den Dörfern der Kai war
wenig Krankheit.“
Im Anschluß hieran schreibt Missionar Decker
(Dezember 1896):
„Die Bauarbeit ging seit voriger Post ihren
Gang ruhig weiter. Zur Vollendung kommt die
Bauarbeit in diesem Jahr noch nicht, da das
Herbeischaffen des Holzes zum Viehstall schon elwas
mehr Schwierigkeit macht, als zum Haus. Das
hierzu nöthige Holzmaterial wollen uns die Sahanger
herbeibringen. Sie haben zu unserer Zufriedenheit
angefangen, Holz herzutragen, arbeiten aber schon
fast acht Tage nicht mehr hier, denn ein Kriegszug
an den Strand, an dem von allen ringsumliegenden
Dorsschaften Leute theilnahmen, hat sie in Furcht
versetzt.
Die Schwierigkeiten, welche mit den Trans-
porten von Simbang nach Sattelberg zum Zweck
der Verproviantirung oder zum Zweck der äußeren
Einrichtung der Station verbunden sind, haben
unsere Brüder veranlaßt, auf Verminderung der
Transportnöthe Bedacht zu nehmen. Lastochsen
könnten da bei verbesserten Wegen gute Dienste
thun. Unsere Bergstation würde mehr anziehend
für die Jungen werden, wenn wir später einmal Last-
thiere haben könnten. An Weidegras mangelt es
auf dem Berg nicht mehr, und auch Wunden machen
lange nicht die Mühe und Noth beim Vieh, wie in
Simbang.“
Das Jahr 1895/96 war für die Missionen der
„Weißen Väter“ in Aegquatorialafrika, wie die
„katholischen Missionen“ berichten, ein Jahr von
mühseliger Arbeit und großen Opfern. Fünf Missio-
nare, darunter der hochw. apostolische Vikar von
Nord-Nyanza (Uganda), sind in noch jugendlichem
Alter den Entbehrungen und Strapazen erlegen.
Ein Sturm auf dem Nyanza verursachte der Mission
einen materiellen Schaden von 20 000 Mark. Lukongo,
König von Ukerewe, überfiel die Station Neuwied,
brandschatzte dieselbe und mordete 21 Angehörige
der Mission. Im Juli 1896 zählte die noch nicht
20 Jahre alte Mission an den „großen Seen“ sechs
Distrikte:
1. Das apostolische Vikariat Ober-Kongo: ein
apostolischer Vikar, 12 Missionare, 4 Schwestern,
4 Stationen, 1305 Getaufte, 6128 Katechumenen.