Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

Reiter Nassan und Nasilowski und zum Schluß die 
Jungen mit den Ochsen. Es ist mir jetzt noch ein 
Räthsel, daß sich die Thiere bei dem häufigen Aus- 
gleiten und Fallen keinen dauernden Schaden zu- 
gezogen haben, sondern (außer zwei Verstauchungen) 
mit Abschürfungen davonkamen. Am zweiten Tage 
lernte ich zwei Sittenbilder aus dem Leben der Ein- 
geborenen kennen: Mitten im Gebüsch begegnete uns 
eine Hottentottin mit ihrem Kinde. Sie suchte ein 
anderes, welches krank im Ponthok gelegen hatte und 
dann verschwunden war. Die Werfthunde hatten 
es, wie später festgestellt wurde, aufgefressen. Kaum 
eine Stunde weiter fand ich abseits vom Pfade 
unter einem Baume ein Fellbündel. Als wir näher 
kamen, entpuppte es sich als eine mit Fellen zu- 
gedeckte alte, dem Hungertode nahe Frau. Sonder- 
barerweise hauchte sie als erste Bitte ein „Tabak“ 
hervor. Sie war, da sie auf fremde Hülfe an- 
gewiesen, von den eigenen Kindern, als diese fort- 
trekkten, dem Tode preisgegeben worden. Auch die 
junge Frau, die wir kurz zuvor trafen, war gefühl- 
los an ihr vorübergegangen. Von einem ähnlichen 
Falle hörte ich später. Ein reicher Hottentotte setzte 
Viehdieben nach, welche ihm eine Kuh stahlen, und 
zur selben Zeit starben seine Eltern an einem nicht 
weit entfernten Orte Hungers. « 
Als wir zwei Stunden jenseits Gr. Aub am 
12. Dezember Mittagsrast gemacht hatten und ich 
zu satteln befahl, bemerkten wir, daß der saubere 
Führer John Rickerts, der Sohn eines weißen Mannes, 
verschwunden war. Wie ich zuerst aus den Aeußerungen, 
die er den Reitern gegenüber gemacht hatte, annahm, 
war es die Sehnsucht nach der Hottentottengattin, 
die ihn seinen Kontrakt unter so erschwerenden Um- 
ständen brechen ließ. Später erfuhr ich aber den 
wahren Grund. Er hatte bis kurz vorher, ehe er 
von dem Stationsältesten von Uhabio für mich enga- 
girt wurde, auf Snachab gearbeitet und dort ge- 
stohlen. Als ich nun vom Fluß abbog, befürchtete 
er wahrscheinlich, zumal ich mich nach dem Wege 
dorthin erkundigt hatte, daß ich dem Orte seiner 
Schandthaten zu nahe käme. Zum Glück hatten wir 
kurz zuvor einen alten Buschmann aufgegriffen, der 
uns dann nach Namus brachte., Der sich bald be- 
merkbar machende Proviantmangel erforderte, jeden 
nicht unbedingt nöthigen Aufenthalt zu vermeiden, 
andererseits war es nicht möglich, mit meinen aus- 
gehungerten Ochsen und Eseln weiter zu hasten. Es 
blieb mir nichts Anderes übrig, als Reiter, Jungen 
und Lastthiere bei Sendlingsdrift zurückzulassen, mir 
von einem Damera drei Pferde zu borgen und unter 
Führung eines auf Namus gemietheten Bastards in 
Begleitung meines Unteroffiziers zur Mündung weiter 
zu reiten. Als wir auf jenem Ritt bei Gais früh 
morgens aus den Bergen an den Orange kamen, 
schienen die dicht am Fluß liegenden Kuppen wie 
mit Grünspan überzogen. Auch an anderen Siellen 
sah es mir so aus, als wenn Kupfer in Menge, 
verschiedentlich auch Silber, da sein müßte. Jeden- 
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falls wäre meine Patrouille für einen Fachmann 
doppelt interessant gewesen. Von dem Benehmen 
der Eingeborenen im Allgemeinen berichtete ich schon. 
Eine andere Sache aber verdient noch erwähnt zu 
werden. Am Abend meines Ankunftstages auf 
Angwigarub ging ich durch die Werft und sah mir 
die Gärten an, die sich die Eingeborenen angelegt 
hatten. Da die Leute trotz aller Redereien die Er- 
laubniß, mit ihrem Vieh dort bleiben zu dürfen, 
selbstverständlich nicht erhielten, versuchten sie auf 
andere Weise zum Ziele zu gelangen. Sie sagten, 
der Grund und Boden südlich Witpütz gehöre nicht 
zum Lande des Kapitäns von Bethanien, sondern 
dem früheren Richtersvelder Häuptling, Jan Bret. 
Die Sache lief darauf hinaus, daß wir ihnen nichts 
zu sagen hätten. Ich machte den Leuten mit aller 
Ruhe und Entschiedenheit ihr Verhältniß zur deut- 
schen Regierung klar, versprach ihnen aber, der Sache 
näher zu treten. 
Was die Möglichkeit betrifft, diesen Landstrich 
zu bewässern, so ist ein Ableiten des Orange leider 
nicht möglich, wohl aber ein Kornbau nahe der 
Mündung in dem meist trockenen Flußbett. Vorzüg- 
lich können am ganzen Orange Gärten angelegl 
werden, wenn sich der Bebauer der Mühe unter- 
ziehen will, das Wasser aus dem Fluß zu schöpfen. 
Farmen sind außer bei Namus, welches sich für 
Dammanlagen eignet, nur in der Witpützer Gegend 
zu suchen, an anderen Stellen ist die Wasserfrage 
entscheidend. 
Die Küste erreichte ich am 19. Dezember. Bei 
meinem Ritt am Strande entlang sah ich auf dem 
englischen Ufer mehrere Rudel wilder Pferde, eins 
in der Stärke von 32 Stück, Alles große, schöne 
Thiere. Wie mir der Boer Renier Catzée mit- 
theilte, hat er versucht, die Pferde einzufangen. Nur 
mit zweien ist es ihm gelungen, welche aber nach 
einiger Zeit die Freiheit wieder suchten und sich nun 
auf dem nördlichen Ufer herumtreiben. Auch weiter 
oberhalb am Orange bis zum Fischfluß leben zahl- 
reiche wilde Pferde und Zebras. Obgleich wir viele 
frische Spuren fanden, bekamen wir keins zu Ge- 
sicht. Am 23. Dezember abends kam ich nach Send- 
lingsdrift zurück, wo die von uns aus Gord Doru 
mitgebrachten 10 Becher Mehl und 20 Becher Reis 
mit Freuden begrüßt wurden, da es längst kein 
Brot mehr gab und auch der Reis nur in ganz 
kleinen Portionen verausgabt werden konnte. Esel 
und Ochsen fand ich noch magerer vor, als ich sie 
verlassen hatte. Schon am folgenden Mittag mar- 
schirte ich auf Namus ab und feierte das Weihnachts- 
fest auf der Fläche zwischen jener Wasserstelle und 
dem Orange. Einen Ochsen, den wir glücklich so weit 
mitgeschleppt hatten, mußte ich leider dort stehen 
lassen. Von Namus aus benutzten wir einen Fuß- 
weg, an den ich denken werde. Nachdem wir am 
ersten Tage einen hohen, steilen Berg erklommen 
hatten, mußten wir am anderen Morgen durch eine 
Schlucht, die kein Tragthier, ohne zu stürzen, über-
	        
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