Reiter Nassan und Nasilowski und zum Schluß die
Jungen mit den Ochsen. Es ist mir jetzt noch ein
Räthsel, daß sich die Thiere bei dem häufigen Aus-
gleiten und Fallen keinen dauernden Schaden zu-
gezogen haben, sondern (außer zwei Verstauchungen)
mit Abschürfungen davonkamen. Am zweiten Tage
lernte ich zwei Sittenbilder aus dem Leben der Ein-
geborenen kennen: Mitten im Gebüsch begegnete uns
eine Hottentottin mit ihrem Kinde. Sie suchte ein
anderes, welches krank im Ponthok gelegen hatte und
dann verschwunden war. Die Werfthunde hatten
es, wie später festgestellt wurde, aufgefressen. Kaum
eine Stunde weiter fand ich abseits vom Pfade
unter einem Baume ein Fellbündel. Als wir näher
kamen, entpuppte es sich als eine mit Fellen zu-
gedeckte alte, dem Hungertode nahe Frau. Sonder-
barerweise hauchte sie als erste Bitte ein „Tabak“
hervor. Sie war, da sie auf fremde Hülfe an-
gewiesen, von den eigenen Kindern, als diese fort-
trekkten, dem Tode preisgegeben worden. Auch die
junge Frau, die wir kurz zuvor trafen, war gefühl-
los an ihr vorübergegangen. Von einem ähnlichen
Falle hörte ich später. Ein reicher Hottentotte setzte
Viehdieben nach, welche ihm eine Kuh stahlen, und
zur selben Zeit starben seine Eltern an einem nicht
weit entfernten Orte Hungers. «
Als wir zwei Stunden jenseits Gr. Aub am
12. Dezember Mittagsrast gemacht hatten und ich
zu satteln befahl, bemerkten wir, daß der saubere
Führer John Rickerts, der Sohn eines weißen Mannes,
verschwunden war. Wie ich zuerst aus den Aeußerungen,
die er den Reitern gegenüber gemacht hatte, annahm,
war es die Sehnsucht nach der Hottentottengattin,
die ihn seinen Kontrakt unter so erschwerenden Um-
ständen brechen ließ. Später erfuhr ich aber den
wahren Grund. Er hatte bis kurz vorher, ehe er
von dem Stationsältesten von Uhabio für mich enga-
girt wurde, auf Snachab gearbeitet und dort ge-
stohlen. Als ich nun vom Fluß abbog, befürchtete
er wahrscheinlich, zumal ich mich nach dem Wege
dorthin erkundigt hatte, daß ich dem Orte seiner
Schandthaten zu nahe käme. Zum Glück hatten wir
kurz zuvor einen alten Buschmann aufgegriffen, der
uns dann nach Namus brachte., Der sich bald be-
merkbar machende Proviantmangel erforderte, jeden
nicht unbedingt nöthigen Aufenthalt zu vermeiden,
andererseits war es nicht möglich, mit meinen aus-
gehungerten Ochsen und Eseln weiter zu hasten. Es
blieb mir nichts Anderes übrig, als Reiter, Jungen
und Lastthiere bei Sendlingsdrift zurückzulassen, mir
von einem Damera drei Pferde zu borgen und unter
Führung eines auf Namus gemietheten Bastards in
Begleitung meines Unteroffiziers zur Mündung weiter
zu reiten. Als wir auf jenem Ritt bei Gais früh
morgens aus den Bergen an den Orange kamen,
schienen die dicht am Fluß liegenden Kuppen wie
mit Grünspan überzogen. Auch an anderen Siellen
sah es mir so aus, als wenn Kupfer in Menge,
verschiedentlich auch Silber, da sein müßte. Jeden-
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falls wäre meine Patrouille für einen Fachmann
doppelt interessant gewesen. Von dem Benehmen
der Eingeborenen im Allgemeinen berichtete ich schon.
Eine andere Sache aber verdient noch erwähnt zu
werden. Am Abend meines Ankunftstages auf
Angwigarub ging ich durch die Werft und sah mir
die Gärten an, die sich die Eingeborenen angelegt
hatten. Da die Leute trotz aller Redereien die Er-
laubniß, mit ihrem Vieh dort bleiben zu dürfen,
selbstverständlich nicht erhielten, versuchten sie auf
andere Weise zum Ziele zu gelangen. Sie sagten,
der Grund und Boden südlich Witpütz gehöre nicht
zum Lande des Kapitäns von Bethanien, sondern
dem früheren Richtersvelder Häuptling, Jan Bret.
Die Sache lief darauf hinaus, daß wir ihnen nichts
zu sagen hätten. Ich machte den Leuten mit aller
Ruhe und Entschiedenheit ihr Verhältniß zur deut-
schen Regierung klar, versprach ihnen aber, der Sache
näher zu treten.
Was die Möglichkeit betrifft, diesen Landstrich
zu bewässern, so ist ein Ableiten des Orange leider
nicht möglich, wohl aber ein Kornbau nahe der
Mündung in dem meist trockenen Flußbett. Vorzüg-
lich können am ganzen Orange Gärten angelegl
werden, wenn sich der Bebauer der Mühe unter-
ziehen will, das Wasser aus dem Fluß zu schöpfen.
Farmen sind außer bei Namus, welches sich für
Dammanlagen eignet, nur in der Witpützer Gegend
zu suchen, an anderen Stellen ist die Wasserfrage
entscheidend.
Die Küste erreichte ich am 19. Dezember. Bei
meinem Ritt am Strande entlang sah ich auf dem
englischen Ufer mehrere Rudel wilder Pferde, eins
in der Stärke von 32 Stück, Alles große, schöne
Thiere. Wie mir der Boer Renier Catzée mit-
theilte, hat er versucht, die Pferde einzufangen. Nur
mit zweien ist es ihm gelungen, welche aber nach
einiger Zeit die Freiheit wieder suchten und sich nun
auf dem nördlichen Ufer herumtreiben. Auch weiter
oberhalb am Orange bis zum Fischfluß leben zahl-
reiche wilde Pferde und Zebras. Obgleich wir viele
frische Spuren fanden, bekamen wir keins zu Ge-
sicht. Am 23. Dezember abends kam ich nach Send-
lingsdrift zurück, wo die von uns aus Gord Doru
mitgebrachten 10 Becher Mehl und 20 Becher Reis
mit Freuden begrüßt wurden, da es längst kein
Brot mehr gab und auch der Reis nur in ganz
kleinen Portionen verausgabt werden konnte. Esel
und Ochsen fand ich noch magerer vor, als ich sie
verlassen hatte. Schon am folgenden Mittag mar-
schirte ich auf Namus ab und feierte das Weihnachts-
fest auf der Fläche zwischen jener Wasserstelle und
dem Orange. Einen Ochsen, den wir glücklich so weit
mitgeschleppt hatten, mußte ich leider dort stehen
lassen. Von Namus aus benutzten wir einen Fuß-
weg, an den ich denken werde. Nachdem wir am
ersten Tage einen hohen, steilen Berg erklommen
hatten, mußten wir am anderen Morgen durch eine
Schlucht, die kein Tragthier, ohne zu stürzen, über-