Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Aber ich 
sollte noch Gelegenheit finden, mich selbst an einem 
recht eklatanten Falle davon zu überzeugen. 
Ein Mann aus dem Gebirge begleitete mich auf 
einer Expedition nach Kitiwo, welches am nordöst- 
lichen Fuße des Gebirges liegt und den Eingeborenen 
als ein Herd der Mbukrankheit bekannt ist. Nach 
einer Inkubationsfrist von zwölf Tagen erkrankte er 
an echter tropischer Malaria, er hatte zahlreiche 
ringförmige Parasiten in seinem Blute, und der Ver- 
lauf seiner Krankheit war ein ziemlich schwerer. 
Von den Trägern, welche die Expedition mitmachten, 
etwa 30 an der Zahl, erkrankte nicht ein einziger. 
Es waren aber auch sämmtlich Leute, welche von 
der Küste stammten oder schon lange Zeit dort gelebt 
hatten. 
Wenn die Gebirgsbewohner, was ich für erwiesen 
halte, gegen die Malaria nicht immun sind, dann 
folgt daraus, daß sie im Gebirge keine Gelegenheit 
finden, die Immunität auf natürlichem Wege zu er- 
werben, d. h., daß es im Gebirge keine Malaria 
giebt. 
Damit im Einklang steht die weitere Thatsache, 
daß es im Gebirge keine Mosquitos giebt. Durch 
die Trägerkarawanen werden nicht selten einzelne 
Mosquitos nach oben verschleppt, sie müssen aber 
dort nicht die Bedingungen für ihre Fortexistenz 
finden, da sie immer bald wieder verschwinden ohne 
sich vermehrt zu haben. 
Als fernerer Beweis für das Fehlen der Malaria 
im Usambaragebirge möchte ich schließlich noch an- 
führen, daß ich auf der Missionsstation Mlalo vier 
dort geborene deutsche Kinder gesehen habe, welche 
von Gesundheit strotzten und niemals Fieber gehabt 
hatten, obwohl das älteste bereits drei und ein halbes 
Jahr alt war. Kinder sind aber besonders empfäng- 
lich für Malaria, denn in Dar-es-Saläm habe ich 
unter einem Dutzend europäischer Kinder während 
meines Hierseins bereits vier Fälle von tropischer 
Malaria konstatiren können. 
Aehnlich wie mit der Malaria ist es mir auch 
mit der zweiten Gesundheitsschädlichkeit, welche im 
Usambaragebirge dem Europäer den Aufenthalt er- 
schweren soll, nämlich mit der Gefahr der Insolation, 
gegangen. Ich fand sie erheblich geringer, als ich 
nach den Schilderungen, welche mir an der Küste 
davon gemacht waren, erwartet hatte. 
Um einen Maßstab für die Wirkungen der 
Sonne zu erhalten, kann man das Vakuumthermo- 
meter benutzen, welches zwar keine vollständigen 
Angaben über alle Wirkungen der Sonnenstrahlen 
zu geben vermag, aber doch wenigstens über die 
strahlende Wärme der Sonne Werthe liefert, die, 
wenn sie an verschiedenen Orten gemacht wurden, 
unter sich vergleichbar sind. 1 
Ich habe deswegen ein derartiges Instrument 
mit ins Usambaragebirge genommen und dort an 
geeigneter Stelle mehrere Wochen lang regelmäßig 
beobachten lassen, während zu gleicher Zeit ein 
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ebensolches Thermometer in Dar-es-Saläm abgelesen 
wurde. In Usambara erreichte das Thermometer 
während der Mittagszeit seinen höchsten Stand mit 
52 bis 54 Grad. Nur ausnahmsweise stieg die 
Temperatur bis 57 Grad. 
Dagegen wurden in Dar-es-Saläm als höchste 
Temperaturen regelmäßig 62 bis 66 Grad angegeben. 
Die Sonnentemperatur hielt sich also nicht, wie 
angenommen war, im Gebirge höher als an der 
Küste, sondern um etwa 10 Grad niedriger. 
Zum weiteren Vergleich mögen noch die Tem- 
peraturen dienen, welche mit Hülfe eines ebensolchen 
Vakuumthermometers in Kenilworth bei Kimberley, 
Südafrika, ermittelt wurden, zwar ein Jahr vorher, 
aber um dieselbe Jahreszeit. Dort bewegten sich 
die Maximaltemperaturen im Dezember und Januar, 
von einigen bewölkten Tagen abgesehen, zwischen 60 
und 70 Grad, gingen an einzelnen Tagen aber auch 
über 70 Grad, an einem Tage sogar bis 75 Grad. 
Trotzdem haben die dort lebenden Europäer von 
Insolation kaum etwas zu befürchten. Niemand 
schützt in ängstlicher Weise seinen Kopf durch einen 
Sonnenhut, auch bei angestrengter Arbeit in der 
Mittagshitze nicht, und doch habe ich niemals etwas 
von Gesundheitsschädigungen durch Insolation ge- 
hört. Ich bin deswegen davon überzeugt, daß die 
Insolationsgefahr im Usambaragebirge mindestens 
stark übertrieben ist. Was mir davon im Gebirge 
selbst mitgetheilt wurde, fand regelmäßig durch 
Malaria und Malariarecidive anderweitige Erklärung. 
Was das Klima von Usambara im Uebrigen 
betrifft, so muß man dasselbe als ein sehr angenehmes 
und der Gesundheit zuträgliches bezeichnen. Die Luft- 
temperatur ging während meines Aufenthaltes, also 
in der heißesten Jahreszeit, nicht über 25 Grad. 
Nachts fiel sie auf 12 und selbst 10 Grad. Die 
Morgen und Abende sind kühl, für das Gefühl der 
Tropenbewohner fast zu kühl. Aber gerade diese 
Temperaturdifferenzen wirken sehr erfrischend und 
bewahren den Europäer vor der Erschlaffung, welche 
sich infolge der ewig gleichmäßigen Wärme in den 
tropischen Küstenländern so leicht einstellt. In der 
kalten Jahreszeit liegt die Gesammttemperatur um 
einige Grade niedriger, und die Tagesdifferenz ist 
etwas geringer. Das Minimum der Lufttemperatur 
geht dann auf 6 bis 8 Grad herab. Unter 6 Grad 
ist die Temperatur, solange meteorologische Beob- 
achtungen gemacht werden, noch nicht gesunken. Bei 
der starken Abkühlung in der Nacht ist der Feuchtig- 
keitsgehalt der Luft zur Abend= und Nachtzeit ein 
erheblicher. Aber sobald die Sonne erscheint, wird 
die Luftfeuchtigkeit geringer und geht gegen Mittag 
bis 50 und selbst 40 pCt. herunter; es sind dies 
dieselben Verhältnisse, wie sie uns überall im 
Gebirgsklima begegnen. 
Anhaltende Nebelbildungen, welche in tropischen 
Gebirgen so oft vorkommen und den dauernden 
Aufenthalt daselbst verleiden, unter Umständen sogar 
unmöglich machen können, kommen im Innern des
	        
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