Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

gänge, die in engem Zusammenhange mit dem schon 
früher berichteten siegreichen Zuge gegen Ngila stehen: 
Die politische und wirthschaftliche Lage des 
Yaundegebietes ist die denkbar beste. Ruhe und 
Ordnung herrschen im Lande, das ausschließlich dem 
Handel lebt. Fast die ganze männliche Bevölkerung 
des Yaundelandes handelt für die hiesigen Faktoreien 
im Ntoni-, Mwelle-, Batschenga-, Bati= und Man- 
gidhagebiet, oft sechs bis acht Tage von der Station 
entfernt, dank der Achtung, deren die starke Station 
sich ringsum bei genannten Völkerstämmen erfreut, 
oder steht als Träger im Dienst der Regierung und 
Kaufmannschaft. 
Besondere Aufmerksamkeit widmet die Station 
dem Wegebau, der Hauptweg im Gebiet der Station 
ist in gutem Zustand. Große Straßen sind von 
der Station zum Sanaga (Kule-Batschenga), nach 
Osten zu Dandugu Anschluß an die Sanagastraße 
bei Kule und Simekoa im Mwellegebiet — Anschluß 
an die Sanagastraße kurz vor Elandi —, nach 
Westen in der Richtung auf Ngutte bis mitten in 
das Mangidhagebiet hinein geschlagen. 
Die dem Häuptling Nna, den Bemiata= und 
Ntumleuten auferlegten Strafen sind bis auf die der 
Letzteren gezahlt. Die Ntumleute, ein sehr armes 
Bergvolk, werden, anstatt zwei Elfenbeinzähne zu 
zahlen, 30 Arbeiter stellen, welche ich nach Victoria 
gelangen lassen werde, da hier nach wie vor Arbeiter 
kaum noch zu haben sind. 
Als ich am 15. Juni das Balingagebiet betrat, 
fiel mir sofort die Unsicherheit sämmtlicher mit der 
Expedition in Verkehr tretenden Eingeborenen auf, 
namentlich wußte der Häuptling selbst kaum etwas 
zu sagen. Auffallend bestürzt aber war er, als er 
erfuhr, daß ich auch den Wutehäuptling Ngutte 
wieder aufsuchen wollte. Als ich an demselben Tage 
auf Watavé marschirte, sandte ich den kleinen Sohn 
Nguttes und zwei Haussas zu Ngutte, um diesen 
über mein Vorgehen gegen Watavé aufzuklären. Am 
19. Juni kamen meine Boten mit mehreren Großen 
Nguttes und dem Haussaältesten der dortigen Han- 
delsniederlassung im Lager der Expedition wieder an 
und meldeten, daß drei Haussahändler und drei Leute 
Aguttes, die im Mai in Yaunde gewesen waren und 
große Posten Elfenbein in den Faktoreien verkauft 
hatten, von dem Balingahäuptling, bis zu dem ich 
sie von sechs Soldaten hatte geleiten lassen, weil es 
die erste große Karawane Nguttes war, und ich den 
Mangissas an der Straße noch nicht recht traute, 
gefangen, all ihrer Habe beraubt, geschlachtet und 
verzehrt worden wären. Balinga war seit dem Ein- 
treffen der Ngutteleute unsichtbar. Durch einen 
Sklaven erfuhr ich sein Versteck, eine Insel im Mbam, 
und es gelang mir noch in derselben Nacht, seiner 
habhaft zu werden. Balinga war geständig, er und 
sein Bruder Edange hätten die Leute schlachten lassen, 
ein großes Volksfest veranstaltet, bei dem sämmtliche 
sechs Mann bis auf die Knochen verzehrt worden 
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wären. Dieser Fall von Kannibalismus ist um so 
auffallender, weil Balinga selbst, wie alle seine An- 
gehörigen, englisch spricht und durch den langen 
Verkehr mit der ehemaligen Station recht kultivirt 
erschien. Auf dem Schauplatz des grausigen Mahles 
ließen sich noch fast sämmliche Knochen der unglück- 
lichen Opfer, die weithin verstreut lagen, zusammen- 
finden, und die Haussas hielten eine große Begräbniß- 
feier ab, bei der ich Balinga sein Todesurtheil 
verkündete. Ich sandte ihn am 21. Juni mit zwölf 
Soldaten über Ndemwe zu Ngutte, damit dieser und 
die Haussas sähen, wie Händler, die unter dem 
Schutze der Regierung reisen, nicht ungestraft er- 
mordet werden dürften. 
Am 26. Juni traf ich in der Wutestadt Ndemwe 
die vorausgesandten zwölf Soldaten mit vielen 
Ngutteleuten wieder. Balinga war unterwegs von 
einem Soldaten erschossen worden, da er einen Flucht- 
versuch gemacht hatte; sein Kopf war zu Ngutte ge- 
bracht worden, der mich bat, nicht in seine Stadt zu 
kommen, da die ganze große Haussaniederlassung 
gedroht hatte, beim Eintreffen der Expedition sofort 
das Wutegebiet zu verlassen. Der Sultan von 
Tibati hätte sämmtlichen Haussas bei Todesstrafe 
verboten, mit den Deutschen in Verbindung zu treten, 
so daß jedem Haussa, der dennoch mit nach Süden 
ginge, die Heimkehr zu Lande über Tibatt verschlossen 
sei. So marschirte ich am 28. Juni ab, ordnete die 
Balinga-Angelegenheit und traf am 8. Juli wieder 
in Yaünde ein. 
  
Diebzucht in Ramerun. 
Mit dem Dampfer am 11. September wurden 
zwei Bullen und acht Kühe Allgäuer Schlages nach 
Kamerun verschifft, um dort am Gebirge in Busa 
eine Vieh= und milchwirthschaftliche Station zu be- 
gründen. Zur Wartung der Thiere sind zwei 
Schweizer mit ausgefahren, und Grassämereien sowie 
Kraftfuttermittel sind zur Sicherung des Viehstandes 
mit nach Kamerun ausgesandt. Hoffentlich gelingt 
der Versuch, welcher für die ganze Kolonie von der 
höchsten Bedeutung ist. (Tropenpflanzer.) 
Trauerfeier. 
Auf die am 2. August in Kamerun eingetroffene 
amtliche Nachricht vom Tode des Reichskanzlers 
Fürsten v. Bismarck wurde von S. M. S. „Habicht“ 
ein Trauersalut gefeuert, und die Regierungsgebäude 
und alle im Hafen liegenden Schiffe flaggten holl- 
mast. Am folgenden Sonntag fand auf Anordnung 
des Kaiserlichen Gouvernements in der Kapelle der 
Baseler Mission eine Trauerfeier statt.
	        
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