Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

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8 26. 
Für den Bereich der Kaiserlichen Schutztruppen ist der Reichskanzler die „oberste Dienstbehbrde“ 
(§ 231 M.-St.-G.-O.). 
§ 27. 
Wird der Beschuldigte in Untersuchungshaft genommen oder die Anklage gegen ihn verfügt, so hat 
der Gerichtsherr, 
wenn der Beschuldigte Offizier, Sanitätsoffizier oder Ingenieur des Soldatenstandes ist: 
dem höchsten der diesem vorgesetzten Militärbefehlshaber im Dienstwege Anzeige zu erstatten; 
wenn der Beschuldigte Militärbeamter ist: 
die diesem vorgesetzte Verwaltungsstelle und, falls der Militärbeamte im doppelten Unterordnungsverhältnisse 
steht, auch den nächsten vorgesetzten Militärbefehlshaber zu benachrichtigen. 
In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn ein Offizier, Sanitätsoffizier, Ingenieur des Soldaten- 
standes oder Militärbeamter aus Anlaß des eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens einstweilen des militärischen 
Dienstes enthoben wird (8§§ 174, 175, 250 M.-St.-G.-O.). 
In allen diesen Fällen ist zu gleicher Zeit dem Reichskanzler Meldung zu erstatten. 
8 28. 
Von dem Berichte, welcher nach § 252 M.-St.-G.-O. wegen eines gegen den Kaiser oder das 
Reich gerichteten Hochverraths oder Landesverraths oder wegen eines als Verbrechen oder Vergehen sich 
darstellenden Verraths militärischer Geheimnisse an den Reichskanzler zu erstatten ist, ist dem Oberkommando 
der Schutztruppen auf dem Dienstwege Abschrift einzureichen. 
§ 29. 
Müssen in Ermangelung sonstiger geeigneter Räume die Hauptverhandlungen in Kasernen, Arrest- 
anstalten oder ähnlichen auch zu anderen als militärgerichtlichen Zwecken dienenden militärischen Dienst- 
gebäuden stattfinden, so erfolgt die Zulassung der Zuhörer nach Maßgabe des verfügbaren Raumes gegen 
Karten, die auf Anordnung des Gerichtsherrn am Tage der Hauptverhandlung ausgegeben werden. Bei 
Ausgabe der Karten sind, sofern nicht besondere Bedenken entgegenstehen, die nächsten Verwandten und 
Verschwägerten des Angeklagten thunlichst zu berücksichtigen (§ 283 M.-St.-G.O.). 
8 30. 
Rechtsanwälte können als Vertheidiger auftreten, sofern sie bei einem Kriegsgerichte oder Ober- 
kriegsgerichte der Armee oder Marine ernannt sind. § 341 letzter Absatz M.-St.-G.-O. findet Anwendung. 
§ 31. 
Die Zuziehung eines gewählten Vertheidigers kann abgelehnt werden, wenn durch sie eine 
Verzögerung des Verfahrens herbeigeführt werden würde. 
– 32. 
Ich übertrage auf Grund des § 25 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zur Militärstrafgerichtsordnung 
für die im § 24 Nr. 2 daselbst bezeichneten Fälle die Befugnisse des preußischen Generalauditoriats dem 
zweiten Senate des Reichsmilitärgerichts. 
§ 33. 
Die Verordnung des Bundesraths vom 16. Juni 1882 und 9. Juli 1896, betreffend die Ein- 
richtung von Strafregistern und die wechselseitige Mittheilung der Strafurtheile (Centr.-Bl. f. d. D. R., 
S. 309), findet, soweit im Folgenden nicht ein Anderes bestimmt wird, auf die Angehörigen der Kaiser- 
lichen Schutztruppen sinngemäße Anwendung. 
I. In die Register sind nicht aufzunehmen: Die von dem Gerichtsherrn und dem Kriegsgerichtsrathe 
gemäß § 360 M.-St.-G.-O. zu erlassenden Beschlüsse, durch die das im Reiche befindliche Vermögen 
eines Abwesenden mit Beschlag belegt oder der Abwesende für fahnenflüchtig erklärt wird. 
II. Von den bei den Schutztruppengerichten erfolgten Verurtheilungen hat die Mittheilung durch das 
Oberkommando zu erfolgen, wenn und sobald der Verurtheilte aus dem Verbande der Schutztruppe 
ausscheidet, ohne in das Heer oder in die Kaiserliche Marine überzutreten. 
Tritt der Verurtheilte in das Heer oder die Kaiserliche Marine über, so hat die Mittheilung 
nach Maßgabe des § 5 Abs. 4 der Bundesraths-Verordnung zu erfolgen. 
III. Die die Vollstreckung veranlassenden Gerichtsherren haben nach Eintritt der Rechtskraft des Urtheils 
dem Oberkommando eine Strafnachricht gemäß §§ 7 ff. der Bundesraths-Verordnung zu übersenden. 
34. 
Vorstehende Verordnung tritt am 1. #teser 1900 in Kraft. 
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. 
Gegeben Drontheim, an Bord Meiner NYacht „Hohenzollern“, den 18. Juli 1900. 
(L. S.) (gez.) Wilhelm l. R. 
(ggez.) Fürsi zu Hohenlohe.
	        
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